Der Wiener Kongress und das „neue Preußen“
(Der Wiener Kongress: kommunikationspolitische Dimensionen und Folgen II)
Der Kongress als große kommunikative Herausforderung
Schon vor Beginn der Wiener Verhandlungen lieferten sich die österreichische und preußische Presse ein „publizistisches Kesseltreiben“ (Hofmeister-Hunger 1994, S. 279). Auch die Interessensgegensätze der europäischen Mächte – so in der Frage der Einverleibung Sachsens durch Preußen – während des lang andauernden Kongresses fanden ihren publizistischen Niederschlag. Dies stellte für jede Verhandlungspartei eine große Herausforderung dar.
Zur Arbeit des Literarischen Stabes unter Staatskanzler Hardenberg und insbesondere von Varnhagen von Ense beim Wiener Kongress siehe an anderer Stelle im PR-Museum.
Nach dem Kongress: Integrations- und Reform-Kommunikation
Preußen konnte auf dem Wiener Kongress einen beachtlichen Gebietszuwachs durchsetzen. In Bezug auf das „neue Preußen“ wirkte vor allem die Erwerbung der Rheinlande als große Herausforderung:
Die grundlegenden Divergenzen zwischen der französischen Administration und dem preußischen Verwaltungssystem, die spezifischen konfessionellen Mentalitäten und nicht zuletzt das ökonomische Gefälle zwischen den westlichen und den östlichen Provinzen schufen ein Konfliktpotenzial, das die Einheit des Gesamtstaates radikal in Frage stellen konnte
(Hofmeister-Hunger 1994, S. 347).
Deshalb erstreckten sich die Bemühungen der preußischen Regierung auf Staatsintegration, Verwaltungsvereinheitlichung und Reformumsetzung – alles auch große Kommunikationsaufgaben.1
Staatskanzler Hardenberg musste bei dem Versuch, die Reformpolitik umzusetzen, manche Enttäuschung verkraften. Sein Bemühen, den preußischen Staat „vom aufgeklärten Absolutismus zum Liberalismus zu führen“, wurde durch die Restauration gestoppt:
Im vergrößerten Preußen nach 1815 schuf er eine mustergültige Verwaltung. Er konnte sein Ziel, über die Provinzialstände zu einer Gesamtständevertretung im Königreich zu kommen, nicht durchsetzen. Mit der Teilnahme Preußens am Metternichschen System der Restauration schwand H.s polit(ischer) Einfluss, bes(onders) nach den Karlsbader Beschlüssen (1819).
(Brockhaus 1989, S. 480)
Hardenberg starb nach einer Krankheit am 26. November 1822 im italienischen Genua. Als großer Staatsreformer und Politiker von europäischem Rang ging er in die Geschichte ein, seine Rolle für die Entwicklung von Regierungs- und Verwaltungs-PR in Deutschland ist unbestritten.