Organisation

Struktur der Institution

Abb.: Die RfH unterstand der Kontrolle der Regierenden. Hier die fünf Volksbeauftragten aus der Revolutionszeit vom Dezember 1918: Landsberg, Scheidemann, Noske, Ebert, Wisselli (v.l.n.r.). Foto: Robert Sennecke. Quelle: Bundesarchiv, Bild 146-1977-074-08, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/

Eine staatliche Aufklärung, wie sie der Heimatdienst leisten sollte, war bei dessen Einführung 1918 sowohl in Inhalt als auch Form ein Novum im deutschen Regierungssystem. Da der Zweck und die Aufgaben der neuen Behörden für den Krieg im Vordergrund standen, war die strukturelle Organisation im Kaiserreich zunächst provisorisch. Der Heimatdienst überstand aber den politischen Wandel nach dem Kriegsende und wurde in die Weimarer Republik übernommen. Im August 1919 erhielt der Heimatdienst von der neuen Reichsregierung gemeinsam mit einer generellen Sanktionierung die Grundzüge seines Aufbaus.

Dem Charakter nach war die Reichzentrale ohne Zweifel eine Reichsbehörde, wobei sich jedoch die Frage nach der rangmäßigen Einordnung stellt. Am ehesten kann man die Zentrale für Heimatdienst wohl als der „Reichskanzlei nachgeordnete mittlere Reichsbehörde“ bezeichnen, wie Richter (1963, S. 95) schreibt. Die Organisation des Heimatdienstes gliederte sich auf in die Zentralleitung in Berlin, die Landesabteilungen und das System der „Vertrauensmänner“.

Daneben gehörten zur Zentrale in Berlin noch zwei Hilfsorgane. Zur Ausführung der drucktechnischen Aufgaben wurde im Januar 1922 der Zentralverlag GmbH gegründet, aus welchem ebenfalls 1922 die Lichtbildabteilung ausgegliedert und in den Deutschen Lichtbilddienst umgewandelt wurde. Beide Betriebe waren privatwirtschaftlich organisiert, aber steuerbefreit, und betrieben neben den Aufträgen der Zentrale für Heimatdienst auch eigene Geschäfte.1

Zentralleitung in Berlin2

Die in Berlin ansässige Zentralleitung war der Kopf und das Herz der Reichszentrale für Heimatdienst. Während im ersten Jahr der Weimarer Republik 1919 noch 130 Mitarbeiter in der Zentralleitung beschäftigt waren, sank deren Zahl bis 1930 auf nur noch 40.

Die Zentralleitung gliederte sich intern in zwei Bereiche, welche unterschiedliche Aufgaben wahrnahmen. Die Schrifttumsabteilung war neben der Ausarbeitung des eigenen Schrift- und Bildmaterials auch für die Begutachtung von fremden Materialien zuständig. Es bestand ein laufender Verkehr mit allen Reichsministerien, um deren Anregungen, Kritik oder Wünsche in Erfahrung zu bringen. Zudem unterhielt die Schrifttumsabteilung ständige Verbindungen mit allen wichtigen Persönlichkeiten und politischen und fachlichen Verbänden.

Die Beobachtung der Vorgänge innerhalb von freien Verbänden oder Organisationen aller Art, dazu zählten neben Gewerkschaften und kulturellen Organisationen auch Parteien, oblag der Organisationsabteilung. Außerdem führte sie Aufsicht über die eigene Organisation, die Außenstellen, vor allem aber über die große Zahl von Vertrauensleuten, deren Zusammensetzung sich ständig änderte.3

Landesabteilungen4

Kurz nach ihrer Gründung im Kaiserreich musste die Reichszentrale noch ohne bürokratischen Unterbau auskommen. Im Frühjahr 1919 wurden dann die 60 Landesvertretungen des Demobilisationsamtes für wirtschaftliche Aufklärung übernommen. Auch wenn deren Zahl kurz darauf beschränkt wurde, können sie doch als eine Art Vorläufer der späteren Landesabteilungen angesehen werden. Zunächst gab es 25 Außenstellen, später 18, von denen 1931 aufgrund von Sparmaßnahmen zwei weitere aufgegeben wurden.

Die Aufgaben der Landesabteilungen:

  • Sammelpunkt und Beratungsstelle für die örtlichen Verbände und einzelne Personen
  • Verbindungsstelle des RfH zu den Verwaltungen des betreffenden Gebietes
  • Ausbau der Vertrauensleuteorganisation
  • Kontrolle der Druckschriftenverteilung und des Plakatanschlags
  • Organisation der regionalen Vorträge und Veranstaltungen

Für die Landesabteilungen stellte sich in ihrem Tagesgeschäft ein besonderes Problem. Da die Aufklärungsarbeit als Eingriff in die Kulturhoheit der Länder angesehen werden konnte, erforderte die Realisierung der Aufgaben viel Fingerspitzengefühl.

Vertrauensmännersystem5

Das System wurde wahrscheinlich von den militärischen Aufklärungsstellen des Ersten Weltkriegs übernommen. Bei den Vertrauensmännern handelte es sich um ausgesuchte und häufig kontrollierte Personen, welche die Gedanken der politischen Bildungsarbeit in ihrem Wirkungsbereich durch Rat und Tat weitertragen und die Stetigkeit der Arbeit der Zentrale auf dem Land garantieren sollten.

Konkret umfassten die Aufgaben der Vertrauensmänner:

  • Empfang der Druckschriften der RfH und ggf. Weitervermittlung des Inhaltes
  • Ausführung bestimmter Aufträge
  • Berichterstattung über die Stimmung im Land
  • Parteipolitische Kontrolle der Arbeit der Landesabteilungen

Die Vertrauensmänner deckten in ihren politischen Gesinnungen dabei eine große Bandbreite ab. Besonders willkommen waren Lehrer und Volksbildner. Die Gesamtzahl der Vertrauensleute im ganzen Reich gab der Leiter der Reichszentrale für Heimatdienst Dr. Strahl mit 21.000 für das Jahr 1924, zwei Jahre später mit 27.000 und zuletzt mit 30-40.000 an.

Autor(en): R.H.

Anmerkungen

1 Richter 1963, S. 97.

2 Darstellung nach Strahl 1928, S. 24f.

3 Ausführlicher dazu: Richter 1963, S. 98f.

4 Darstellung nach Strahl 1922, S. 4f. Ausführlicher dazu: Richter 1963, S. 99-105.

5 Darstellung nach Strahl 1922, S. 5ff., 1928, S. 27ff., ca. 1950er, S. 80, und Richter 1963, S. 106. Vgl. auch Kunczik 1997, S. 172.