Niedergang und Auflösung
Niedergang in der Spätphase der Weimarer Republik
Nach einer letzten Kommunikationsaktion für die Regierung im März 1930 begann der Niedergang der Reichszentrale für Heimatdienst. Im Zuge von allgemeinen Sparmaßnahmen wurden der Reichszentrale 1930 die Sachmittel auf die Hälfte gekürzt. Die Einsparungen führten nicht nur zu einer Reduzierung der festen Mitarbeiter von 92 Anfang 1930 auf 59 Anfang des nächsten Jahres, sondern auch zu einer Einschränkung der Vortragstätigkeit.1 Diese erzwungenen Einschränkungen standen in krassem Widerspruch zu dem gestiegenen öffentlichen Interesse an der Arbeit der Reichszentrale.
Die Erwägung, die Reichszentrale komplett aufzulösen2, wurde auf Grund der Interventionen führender Politiker aus dem ganzen Reich zwar fallen gelassen, dennoch mussten der Einfluss und die Möglichkeiten der RfH notwendigerweise unter den Etatkürzungen abnehmen. Dies war umso tragischer, als durch den aufkommenden Nationalsozialismus ein intensiver Einsatz von Aufklärungstätigkeit dringend geboten gewesen wäre.3
Im Laufe des Jahres 1931 wurden der RfH weitere Sparmaßnahmen auferlegt, die Landesabteilungen umorganisiert, beschränkt oder ganz aufgelöst, so dass sie sich am Ende der Regierung Brünings auf ein Minimum reduziert sah. Auch die Ernennung Franz von Papens zum Reichskanzler im Sommer 1932 brachte nicht den erhofften Wandel.4 Themen, welche die Reichszentrale in den letzten Monaten ihres Bestehens behandelte, waren Abrüstung, Siedlungsfragen und Arbeitslosigkeit.
Auflösung durch das NS-Regime
Die Machtübernahme Hitlers leitete das Ende der Reichszentrale für Heimatdienst ein. Im Zuge der Umgestaltung des Behördenapparates durch die Regierung Hitlers, wurde – angelehnt an Vorstellungen Goebbels – am 11. März 1933 ein Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda geschaffen. Damit war der Aufgabenbereich der Reichszentrale in das neue Ministerium übergegangen. Die Konsequenz ließ nicht lange auf sich warten. Am 15. März erging der Erlass über die Auflösung der Reichszentrale für Heimatdienst, welcher am folgenden Tag umgesetzt wurde.5
Nach 15 Jahren ihres Bestehens wurde die Reichszentrale für Heimatdienst von den Nationalsozialisten zerschlagen. Auf Grund der auferlegten Sparmaßnahmen in den Jahren 1930 bis 1932 hatte die RfH ihre Arbeit stark einschränken müssen. Sie konnte deshalb keinen entsprechenden Beitrag gegen die Bedrohung durch den Nationalsozialismus leisten. Hatte die Reichszentrale durch Anpassung den Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik überstanden, so hatte sie keine Chance, in dem NS-System einen Platz zu finden. Nicht zuletzt durch ihre politische Aufklärungsarbeit war die Reichszentrale von den Nationalsozialisten als ‚Domäne der Weimarer Demokraten’ wahrgenommen worden, die folgerichtig verschwinden musste. Allerdings wurden nicht alle Mitarbeiter suspendiert, einige arrangierten sich mit dem neuen Regime und wurden in das Propaganda-Ministerium übernommen.
Anmerkungen
2 Ausführlicher zu der Situation der RfH unter den Präsidialkabinetten und den Folgen der Sparmaßnahmen: Wippermann 1976, S. 340ff.
3 Wippermann (1976, S. 396ff.) führt aus, dass die RfH die Entwicklung der Nationalsozialisten schon geraume Zeit verfolgte, sie diese aber erst nach den Wahlen 1930 und 1932 als politische Gefahr wahrnahm.