PR-Erfahrungen aus den USA
Organisation und Systematik der PR
In seinem Werk Offenheit macht sich bezahlt. Die Kunst der Meinungspflege in der amerikanischen Industrie dokumentierte Friedrich Mörtzsch wichtige Erkenntnisse über die Public Relations großer Unternehmen in den USA. An erster Stelle beschäftigte er sich mit der Organisation von Unternehmen, und insbesondere ihrer Werbe-und Public-Relations-Arbeit, aber auch mit sonstigen Problemen der amerikanischen Industrie, des Handels, der Wirtschaft und des Finanzwesens. Dabei steht die Untersuchung des Einflusses der Öffentlichkeitsarbeit auf den Ruf, das Ansehen eines (Groß-)Unternehmens im Mittelpunkt.
Er berichtete über die unternehmensinterne Organisation von PR bei Großunternehmen wie General Motors und General Electric. Er stellte anhand der Untersuchung der organisatorischen Einbettung und personellen Besetzung von PR-Abteilungen dort fest, dass die Public Relations in ihrer Spitze meist vom Vorstand der Gesellschaft direkt gesteuert werden. Ihn beindruckten der systematische Charakter („Der Zufall hat keine Chance“) und die bereitgestellten personellen Ressourcen für PR auf zentralen und dezentralen Unternehmensebenen (Mörtzsch 1956, S. 25-28 und 30).
Wie der Titel des Buches ausdrückt, sah Mörtzsch den entscheidenden Vorzug der PR in den USA darin, Transparenz zu zeigen und die verschiedenen Teilöffentlichkeiten als Partner zu begreifen. Dazu gehöre zuvörderst, „die Betriebsangehörigen zum Mitdenken anzuregen“ (Mörtzsch 1956, S. 118).
Die „zehn Fragen“
An prominenter Stelle, zum Schluss des ersten Kapitels, verdichtete Mörtzsch seine Beobachtungen auf „zehn Fragen“, die sich „die leitenden Männer“ jeder Public-Relations-Abteilung vorlegen, „(e)he (sie) der Lösung einer größeren Aufgabe zur Leibe rück(en)“ (Mörtzsch 1956, S. 28f.)1. In den zehn Fragen thematisierte er die wichtigsten organisatorischen und inhaltlichen Aspekte einer erfolgreichen Public-Relations-Abteilung. Dazu gehören die Beziehungen zu den Mitarbeitern, zu den Kunden sowie zum Kapitalmarkt und ihre jeweiligen Meinungen über das Unternehmen. Außerdem nimmt die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung derjenigen Gemeinde, in der das Unternehmen seinen Sitz hat, eine zentrale Rolle ein.
Die „zehn Fragen“ akzentuieren die Verfügung des Unternehmens über ausreichende Mittel und Ressourcen sowie über Kompetenzen seiner „leitenden Männer“ für erfolgreiche Kommunikation mit internen und externen Öffentlichkeiten. Weiterhin sprechen die „Fragen“ die Wichtigkeit „karitative(r) Beiträge“ und der Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Lehranstalten an. Einen weiteren Aspekt bilden die Beziehungen des Unternehmens zur Presse. Als Letztes wird die Bekanntheit der technischen Leistungen und Erzeugnisse des Unternehmens genannt.
Alle der in den „zehn Fragen“ fokussierten Anforderungen stellen auch gegenwärtig Paradigmen der Public Relations (-Arbeit) vieler Unternehmen dar. So spielen heute die Kontaktpflege zu Kapitalmarkt/Aktionären (Investor Relations), die Berücksichtigung der öffentlichen Meinung, die Informiertheit und Kompetenz von Führungskräften, die gesellschaftliche Verantwortung von gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten (Corporate Social Responsibility, CSR), die Beziehungen zu Presse und Medien (Media Relations) sowie die Erlangung von Legitimität durch Hervorheben des unternehmerischen Beitrags zur Gesellschaft (Corporate Citizenship) eine wichtige Rolle.
Anmerkungen
1 Als publizistisch Erfahrener setzte Mörtzsch nicht nur hier auf die Formulierung wichtiger Botschaften in „zehn Geboten“. Auch sein Buch von 1959 (S. 146f.) endet mit einem solchen Strukturmuster. Die „Zehn Gebote für einen Geschäftsmann, der einen Künstler engagiert“, dort sind allerdings von Tucholsky übernommen.