Wichtige Mittel der Meinungspflege

Differenzierter Instrumenteeinsatz

Wichtige Merkmale des kommunikativen Konzeptes von Gross waren Differenziertheit und Dezentralisierung. Weiter vorn war bereits darauf hingewiesen worden, dass er die Hauptverantwortung für die kommunikative Vertretung unternehmerischer Interessen bei den einzelnen Unternehmern und Betrieben sah. Auch beim Instrumente-Einsatz sprach er sich für ein differenziertes, an die konkrete Situation angepasstes, eher kleinteiliges Vorgehen aus. Technisch bedingte Rationalisierung der Kommunikation sollte vermieden werden.

Eine Schablonisierung der Meinungspflege wird vor allem dann vermieden, wenn man die ‚Öffentlichkeit‘ in ihre einzelnen Schichten und Gruppen auflöst und diese in ebenso vielfältiger Form anspricht. Hier liegt ein entscheidender Unterschied zur totalitären Propaganda, welche stets die Masse als Ganzes anspricht und bemüht ist, immer neue Schichten in diese Masse einzubeziehen. Die freiheitliche Meinungspflege dagegen geht vom einzelnen aus und wendet sich auch mit dem möglichst individuell gestalteten gedruckten Wort an ihn. Praktisch würde das also etwa bedeuten, dass eine Firma mit mehreren Betrieben auch mehrere Betriebsbücher und Werkszeitschriften herausgibt, um sich wirklich auf die besonderen örtlichen Gegebenheiten ausrichten zu können.

(Gross 1952, S. 98)

Der Werkszeitschrift wandte sich Gross sehr ausführlich zu (S. 99-108). Er charakterisierte sie als „Organ des Management im Sinne der Partnerschaft“. Sie diene der langfristigen Erfolgssicherung des Unternehmens und solle mittels „Aufklärung und Unterrichtung“ auch bei den Mitarbeitern eine „unternehmerische Einstellung“ erzeugen (S. 107).

Unternehmerische Pressearbeit

Gross plädierte für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Unternehmen und Presse, vor allem mit der Lokal- und Heimatpresse. Die Hauptverantwortung sah er beim Unternehmensleiter. Dass direkte Kontakte zwischen Journalisten und Unternehmern vermieden würden, sei der „am häufigsten in unserer industriellen Pressepolitik begangene Fehler“.

Routine-Informationen können natürlich von der Presseabteilung erteilt werden (…). Aber bei entscheidenden und grundsätzlichen Fragen wäre es verhängnisvoll, wollte man den Verbindungsmann zur Presse etwa zwischen Unternehmensleitung und Presse setzen und diese so auseinanderhalten, anstatt sie zusammenzubringen. (…) Der Unternehmer oder Manager braucht nicht jeden Lieferanten oder Einkäufer persönlich zu empfangen – für den Empfang der Pressevertreter muss er Zeit haben. wenn er seine Führungsaufgabe richtig versteht.

(Gross 1952, S. 129f. Herv. im Orig.)

Zur Pressearbeit gehöre es auch, „dass der Unternehmer Nachrichten schafft“. Dabei müsse ihn der Berater für Meinungspflege unterstützen. Die Nachrichten könnten aus der Werkszeitung, aus Jahresberichten etc. gewonnen werden. Vor allem aber müssten die Betriebsangehörigen, insbesondere die Abteilungsleiter, „nachrichtenbewusst“ gemacht werden (Gross 1952, S. 131f.). Ziel der Pressearbeit sei es letztlich, dass sich die öffentliche Meinung „für eine marktkonforme, die Unternehmung grundsätzlich fördernde Wirtschaftspolitik“ einsetzt.

Das wird jedoch erst dann möglich sein, wenn die öffentliche Meinung sich bewusst mit den Interessen der Unternehmenswirtschaft identifizieren kann. Dazu ist eine wesentliche Verlagerung des Schwergewichts der wirtschaftlichen Nachrichten und Aufsätze erforderlich.

(Gross 1952, S. 135)

Abb.: Trotz prinzipieller Vorbehalte gegenüber dem amerikanischen Public-Relations-Begriff hat Herbert Gross offensiv amerikanische PR-Erfahrungen in der deutschen Presse popularisiert. Hier ein Artikel im Handelsblatt vom 29. Juni 1951, speziell zur Pressearbeit von Unternehmen der Wirtschaft.

Autor(en): T.L.