Lobbyarbeit
Die Lobbyarbeit der Firma Krupp
Krupp und Kaiser
Als es 1870 darum ging, die damals noch kleine deutsche Flotte mit Kriegsgerät zu bestücken und der Auftrag dazu fast einer englischen Firma erteilt wurde, konnte Krupp erfolgreich beim König intervenieren. Krupp bekam den Auftrag.
Es blieb nicht bei diesem Einzelfall, bei dem es der Führungsebene von Krupp gelang, erfolgreich bei staatlichen Stellen ihre Firmeninteressen durchzusetzen. Auch den Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870 nutzte Krupp, um sein Netzwerk geschickt einzusetzen. Nur einen Tag nach Beginn der Kriegshandlungen teilte Krupp dem Kriegsminister mit, dass er aus eigenen Mitteln Geschütze im Wert von einer Million Taler als Kriegsspende zu liefern bereit sei.
Nach der Reichsgründung 1871 wurden dann gegenseitige Besuche zwischen dem Kaiser und Krupp in Berlin und Essen, am Stammsitz der Firma, obligatorisch. Krupp verkannte den Wert von Massenbeeinflussungsmitteln nicht und lancierte Presseartikel, welche ein positives Presseecho für die kaiserliche Flottenpolitik zur Folge hatten. Die deutschen Seekräfte sollten zur zweitstärksten Kriegsflotte der Welt aufsteigen. Industrielle wie Krupp waren vermutlich nicht bewusste Kriegstreiber, sahen in der Flottenpolitik aber einen auf Jahre hinaus gesicherten Auftragsbestand.1
Lobbyismus und Public Affairs pro Flottenrüstung
Um die politische Stimmungslage im Deutschen Reich in Richtung der Befürwortung einer aktiven Industriepolitik zu lenken, begann 1893 der damalige Inhaber, Friedrich Alfred Krupp, seine parlamentarische Laufbahn. Gleich zu Beginn seines Antritts verschickte er an seine verdutzten Amtskollegen eine aus leeren Blättern bestehende Broschüre mit dem Titel: „Was hat der Reichstag in den Jahren 1893/94 für die Flotte getan?“ Der Abgeordnete Krupp meldete sich zwar niemals zu Wort, agierte aber erfolgreich hinter den Kulissen des Parlaments.
Publizistische Kampagnen zur Unterstützung und Rechtfertigung der staatlichen Flottenpolitik wurden ebenfalls von Krupp unterstützt. So gab der Flottenverein, ein Interessenverband aus Politikern und Industriellen zur Stärkung der deutschen Flotte, beispielsweise eine Broschüre heraus mit dem Titel „Warum hat jeder Mann im Volk Interesse an einer starken deutschen Flotte. Ein Beitrag zur Flottenpolitik.“ Die Auflage von fünf Millionen Exemplaren war für damalige Verhältnisse exorbitant hoch.2
Auch aufgrund der Wirkungen dieser massiven Öffentlichkeitsarbeit kam es 1898 zum ersten Flottengesetz, später wurde das zweite Flottengesetz verabschiedet. Die Aufrüstung der deutschen Flotte schien unaufhaltbar, der Weg in den Abgrund des 1. Weltkriegs vorgezeichnet.