Flottenbegeisterung Wilhelm II.

Strategien und Praktiken der Inszenierung und Profilierung (Fortsetzung)

3. Der kraftvolle und weltpolitische Kaiser: Die Flottenbegeisterung Wilhelm II.

Abb.: Marine- und Flottenszenen als beliebte Motive zeitgenössischer Sammelbilder, auch noch in späteren Jahrzehnten. Diese Bilder konnten häufig auch in Sammelalben eingeklebt werden.

Die kaiserliche Öffentlichkeitsarbeit verfolgte neben einem gezielten Imageaufbau aber auch klare politisch-strategische Ziele. „Herausragende Bedeutung für die politische PR in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg besitzt die Marine-Kampagne, die Alfred von Tirpitz, seit 1897 Staatssekretär des Reichsmarineamtes, durchgeführt hat, um die öffentliche Meinung für den Aufbau der deutschen Flotte zu mobilisieren“ (Kunczik/Zipfel 2002, S. 17)1.

Nachdem die Durchführung der Kampagne beim Reichsmarineamt lag, musste der letzte Schritt mit den Mitteln der Machtpolitik genommen werden. In seiner Rede zum 25-jährigen Bestehen des Deutschen Reiches erklärte Wilhelm II., dass Deutschland zur Weltmacht avanciert sei, die gleichberechtigt neben England stehe. Admiral von Tirpitz hätte seine Pläne also niemals ohne die tatkräftige Unterstützung des Kaisers verwirklichen können. Darüber hinaus war Wilhelm II. durchaus gewillt, der Marine eine besondere Förderung zukommen zu lassen. Er versuchte in den Jahren vor der Flottenkampagne nicht nur die Bewilligung eines höheren Etats für die Marine im Reichstag durchzubringen, sondern setzte zudem auf den Ausbau der Marine zu einer „Riesenflotte“.

Abb: Über Sammelbilder als Beigaben von Zigaretten oder anderen Waren wurden seinerzeit und noch in späteren Jahren auch politische Botschaften transportiert, hier die Begeisterung für „unsere“ Marine.

Der Reichstag war zur Freigabe dieser Gelder durchaus nicht bereit. Die Androhung eines Staatsstreiches und der damit verbundenen Auflösung des Reichstages verschärften zusätzlich die Ablehnung der kaiserlichen Pläne (vgl. Wilderotter 1991, S. 63f.). Das dennoch 1898 gestartete Flottenbauprogramm wurde schließlich vor dem Hintergrund einer beginnenden Weltmachtpolitik sowie einer wachsenden und weltweit expandierenden Handelspolitik mit der Notwendigkeit begründet, die Seeinteressen Deutschlands schützen zu müssen. Zu den Instrumentarien der Öffentlichkeitsarbeit zählten unter anderem das Vortrags- und Besucherwesen, der Marinekalender, Marinetage und die Besichtigung von Schiffen. Die Öffentlichkeitsarbeit verfolgte das Ziel, die Abenteuerlust und das Großmachtstreben der Deutschen zu wecken. Kaiser Wilhelm II. avancierte in der Kampagne zum „Herold“ dieser Flotten- und Weltpolitik (vgl. Kunczik/Zipfel, 2002, S. 17f.).

Autor(en): K.Z.

Anmerkungen

1 Vgl. für diesen Abschnitt auch: Kunczik 1997, S. 108-117.