Film

Mediale Omnipräsenz der Kaiser

4. Visuelle Präsenz: Film

Da der Film zu den noch jüngeren Medien zählte – im Gegensatz zu Denkmälern, Gemälden und Fotografie – ist es wohl kaum verwunderlich, dass einzig Kaiser Wilhelm II. die bewegten Bilder für sich nutzten konnte. Kaiser Wilhelm II. war der „erste deutsche Filmstar“. Kaum dass die „Bilder laufen lernten“ – in den 1890er-Jahren -, suchte man nach Persönlichkeiten, die das Medium bekannt machten. Der Kaiser erkannte das Potenzial des Films und setzte sich entsprechend in Szene. Er wurde Gegenstand der Massenunterhaltung. Von 1896 bis 1911 erschienen von ihm über einhundert Filme – weit mehr als von jeder anderen öffentlichen Person seiner Zeit (vgl. Dilba 2005, S. 99 und 102).

Die Aufnahmen des Kaisers waren aber zumeist noch schlecht, Nahaufnahmen selten, und so konnte man den Kaiser im Bild manches Mal nur erahnen. Der Umgang des Protagonisten – einer der „interessantesten aller Persönlichkeiten“ – war anfänglich noch recht ungeschickt. Später agierte er vor der Kamera immer professioneller. „Der Kaiser stellte nicht immer Posen, und er richtete sich auch nicht häufig zur Kamera aus.“ (vgl. Pohl 1991, S. 16)

Die Zuschauer stürmten in die Kinematographen-Theater, also die Kinos. Hier waren die Bilder von Zeremonien, Jagdbesuchen, Segelwettbewerben und sämtlichen Auslandsaufenthalten des Kaisers jedermann zugänglich. Daraus ergab sich eine viel breitere Öffentlichkeit als früher. Die Kaiserfilme befriedigten die Sensations- und Schaulust der Massen. Sie förderten zudem die Identifikation mit dem deutschen Kaiserhaus.

Abb.: Auch im Zeitalter des Films wurden traditionelle Darstellungsweisen weiter genutzt, hier auf Sammelbildern für Dr. Thompson’s Seifenpulver.

Abb.: Reise-Diplomatie Kaiser Wilhelm II. als Motiv eines Sammelbildes

Nachdem der Kaiser die Wirkungskraft der Kinematographie erkannt hatte, nutze er sie sehr bald zum Zweck eigener Repräsentation. Immer öfter bestimmte Wilhelm II. die Ereignisse, die er zu drehen für notwendig befand. Die Aufnahmen bieten choreographisch ausgefeilte Spektakel und Massenszenen, die sonst noch keine der damaligen Filmproduktionen bieten konnte (vgl. Dilba 2005, S. 100).

Sorgfältig inszenierte „Homestorys“ suggerierten zudem einen authentischen Blick in das Privatleben der Hohenzollern. Seine erste Tochter Luise wirkte als Hauptdarstellerin in einem Film von 1912, der ihren Namen trug. Im Vorspann des Filmes heißt es, dass selbiger dem deutschen Volk geschenkt wurde, um in einer Zeit, in der es einer Lichtgestalt bedurfte, es voll Begeisterung und Bewunderung aufblicken konnte (vgl. Luh 2005, S.106).

Auch Glaab weist auf die „Filmbegeisterung“ Wilhelm II. hin, sieht aber seine Breitenwirkung via bewegte Bilder eher begrenzt: Der Film sei „– anders als die Presse – zu dieser Zeit noch kein Massenmedium und daher kein geeignetes PR-Mittel (gewesen – T.L.), um die breite Masse der deutschen Bevölkerung anzusprechen“ (Glaab 2008, S. 209f.).

Die Wirkung des Films auf das Image des Kaisers „als Amt“ war allerdings so oder so zwiespältig: Das Mysterium um den „Kaiser“ wurde mit der Entwicklung des Filmes und dessen inflationärem Gebrauch nahezu zerstört. Die Transparenz, die der Kaiser mit all seinen Aufnahmen bei jeglichen Veranstaltungen, aber auch zu Hause schaffte, bewirkte eine Auflösung des Mythos um einen durch Gottes Gnaden berufenen Monarchen.

Autor(en): K.Z.T.L.