Ringen um begründetes PR-Verständnis (II)

Piwingers Verständnis und Definition von PR bei Vorwerk

Abb.: Vorwerk sitzt in Wuppertal. Das Foto zeigt ein Stadtmotiv, hier die Neue Friedrichstraße. Foto: Atamari (2007). Quelle: Wikimedia Commons, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en) license

1984 schätzte ein Fachartikel ein, Piwinger habe die „bislang klarste und einfachste Definition“ von Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. PR bei Vorwerk sei …

(…) die Planung, das Einnehmen und Verdeutlichen einer Grundhaltung im Verhältnis zu Menschen und Sachverhalten. Für die Firmen-PR ergibt sich daraus: Die Ziele, die das Unternehmen im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit aufstellt, sind darum Ziele der Unternehmenspolitik und im Wesentlichen nur durch diese zu verwirklichen.

(WW 1984, S. 60)

Fast wortgleich, wenngleich noch ausführlicher, findet sich diese Bestimmung der Vorwerk-PR auch später wieder. An dieser PR solle „das Unternehmen zu identifizieren sein und als Ganzes beurteilt werden können“. Und weiter:

PR sind kein Suchprozess, sondern ein Akt der Willensbildung. Sie setzen bewusstes Handeln voraus. Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber der Öffentlichkeit sind planbar und können zielorientiert beeinflusst werden … Hinter dem PR-Modell bei Vorwerk steckt ein verhaltens- und entscheidungsorientiertes Konzept.

(Piwinger, zit. in Reineke/Eisele 1991, S. 135f.; vgl. auch die 2. Auflage 1994, S. 170)

Da sich mehrere dieser Formulierungen wortgleich auch schon in einem internen Dokument von Piwinger aus der VOKO-Zeit vom 18. April 1977 finden, ist davon auszugehen, dass dies dem grundsätzlichen PR-Verständnis von Piwinger entsprach und nicht vordergründig auf Besonderheiten von Vorwerk zurückzuführen ist.1

Spätere Akzentuierungen und Weiterentwicklungen des PR-Verständnisses

Abb.: Titel von Piwinger/Ebert 2002.

Piwinger hat später das im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei Vorwerk formulierte strategische PR-Verständnis auf andere PR-Praxisfelder angewandt bzw. sie dadurch erst explizit als solche erschlossen.

Prägnante Beispiele dafür sind das „Impression Management“ und die „Vorfeldkommunikation“, über die Manfred Piwinger gemeinsam mit Helmut Ebert 1998 bzw. 2001/2002 publiziert hat.

Impression Management

Ersteres überträgt PR-Grundsätze – ursprünglich für Organisationen und Unternehmen sowie die von diesen eingesetzten Medien bzw. Instrumente entwickelt – stringent auch auf Personen und deren individuelle Darstellung.

Impression Management ist der Versuch von Personen oder Institutionen, den Eindruck, den sie auf andere machen, zu steuern und zu kontrollieren. Denn ein gutes Image und eine gelungene Selbstdarstellung ist die Grundlage für materielle und immaterielle Erfolge wie z. B. Reputation und Glaubwürdigkeit. Impression Management in diesem Sinne ist also eine Inszenierungsstrategie, die den Prozess der Imagebildung beschreibt und erklärt. Dem Begriff ‚Impression Management‘ verwandt sind Begriffe wie ‚Selbstdarstellung‘, ‚Marketing of Self‘, ‚Reputation Management‘ oder ‚psychologisches Make-up‘.

(Piwinger/Ebert 1998)

Vorfeldkommunikation

Abb.: Rückseite von Piwinger/Ebert 2002.

Zweiteres wendet das Strategie-Paradigma konsequent auf vorbereitende bzw. begleitende, nicht-mediale Prozesse an. Zum Thema „Vorfeldkommunikation“ war Piwinger über die Beschäftigung mit „Stimmungen“ gelangt, gegen die man keine Interessen durchsetzen könne. Deshalb sei eine „Prüfung der Bedingungen von Kommunikation“ wichtig. (Piwinger 2017c, 00:06:30)

Vorfeldkommunikation“ meint „sämtliche Überlegungen und Aktionen vor der eigentlichen Realisierung einer kommunikativen Maßnahme“, einschließlich eines zwischen den Kommunikateuren ablaufenden „Befindlichkeitsaustausches

(Piwinger/Ebert 2002, Rücktext; Herv. im Original).

Autor(en): T.L.E.Z.G.K.

Anmerkungen

1 Vgl. PR-Archiv (1972-1978).