Die 1980er-Jahre – Zeit des Übergangs I

Kunden und Branchen

Von Cognac und anderen Spirituosen über Fleisch und Südfrüchte bis zu Hotels und Kranen

Eine Auswertung agenturinterner Materialien ergab für die 1980er-Jahre insbesondere folgende Kunden, für die bereits im vorherigen Jahrzehnt gearbeitet wurde: BNIC (Cognac), Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), portugiesische Wirtschaft, Kirschner (Innung bzw. einzelne), Charles Hosie GmbH (Import-Spirituosen), Alfred Dunhill GmbH Hamburg (Mode) … Als neue Auftraggeber seit 1980 sind in den „Gästebüchern“ (Fotoalben) u.a. folgende dokumentiert: Ramada Hotels Int., Outspan Hamburg (Südfrüchte), Indio-Museum Mana Kumaka, Flughafen Hamburg, Finnlandhaus bzw. finnische Wirtschaft, Italienisches Institut für Außenhandel (ICE), Deutsche Bank AG, Schinkenräucherei Abraham, Champignon- u. Kulturpilzanbauer e.V., Knaack Krane Transport-Technik GmbH, The Body Shop Int. (britisch) …

Diese Auflistungen – die allerdings vor allem Presseveranstaltungen für diese Kunden, nicht die gesamte Agenturtätigkeit widerspiegeln – lassen wiederum ein breites Kunden-Portfolio erkennen, sowohl von den Branchen als auch den Größenklassen her. Von der Veranstaltungsfrequenz her fällt – neben dem BNIC und der Charles Hosie GmbH – in diesem Jahrzehnt vor allem die Ramada-Hotelkette auf. Alles in allem ist wieder ein Food-Schwerpunkt erkennbar. Auffällig ist auch, dass Außenhandelsakteure aus anderen Staaten (Frankreich, Portugal, Italien, Finnland …) gern die Agentur nutzen.1

Abb.: Dr. Reiner Schulze van Loon (rechts) erhält am 26.10.1987 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Cognac. Foto: IP Informationen / Public Relations. Quelle: Interne Materialien der Agentur Orca van Loon.

Deshalb war es mehr als nur von symbolischer Bedeutung, dass der „Romanist“ und langjährige PR-Dienstleister für französischen Cognac Schulze van Loon 1987 von der Stadt Cognac zum Ehrenbürger ernannt wurde.2

Viele ausländische Kunden, aber auch Finanzen und Umwelt sowie Krisenkommunikation

Die impressionistischen Eindrücke aus den Gästebüchern werden von offiziellen Agenturverlautbarungen bzw. Fachartikeln durchaus bestätigt, aber bezüglich einiger Schwerpunkte auch ergänzt. In einem Agenturporträt von 1986 heißt es:

PR-Aufgaben für das französische Edeldestillat Cognac, das italienische Mandel-Gesöff Amaretto und die südafrikanische Gesundfrucht-Organisation Outspan sind deutliche Hinweise dafür, dass in der SvL-Villa in der Hansestadt international gedacht und gehandelt wird. Überhaupt machen Aufträge von Herstellern alkoholischer Getränke den größten Teil der wesentlichen Klienten aus.

(PR-Magazin 1986/2, S. 23)

Gegen Ende der 1980er-Jahre war folgendes Resümee zu lesen:

Schwerpunkte der Full-Service-Agentur, die 36 Etats betreut, sind neben dem Bereich der Food-Kommunikation vor allem die Geschäftsfelder Finanz-, Konsumgüter- und Umwelt-PR. Darüber hinaus kann IP auf umfangreiche Erfahrungen im PR-Krisenmanagement verweisen (…) Im Rahmen des Agenturgeschäfts spielen ausländische Klienten mit einem Anteil von rund 60% traditionell eine bedeutende Rolle. Vor diesem Hintergrund verweist man bei IP auf die Tendenz in Richtung vernetzter Konzepte, die im Gegensatz zu standardisierten Global-Kampagnen die jeweils länderspezifischen Verhältnisse berücksichtigen.

(Handelsblatt 8.11.1989, S. 18. Der Beitrag ging auf eine Pressekonferenz der Agentur zurück.)

Umsätze und Zahlen

Mitte der 1980er

Dr. Reiner Schulze van Loons Agentur IP Informationen/Public Relations erzielte 1985 einen Honorarumsatz von 2,2 Millionen DM. Bei 15 Beschäftigten entsprach dies einem Umsatz pro Mitarbeiter von knapp 150 Tausend DM.

Unter den 23 GPRA-Mitgliedern lag Schulze van Loon im Mittelfeld: zehn Dienstleister hatten mehr Jahresumsatz, elf weniger (einer = keine Angabe). Die Fachpresse gibt für Schulze van Loon „rund 30 Etats“, „16 Angestellte und einen Stamm von zehn freien Mitarbeitern“ an (PR-Magazin 1986/2, S. 22).

Ende der 1980er

1988 gehörte Schulze van Loon mit seinem Honorarerlös von 5,4 Millionen DM zu den ersten zehn Mitgliedsagenturen, die Zahl der festangestellten Mitarbeiter war auf 22 gestiegen.  Im Jahr der Agenturübertragung vom Vater auf den Sohn Dietrich (dazu weiter unten mehr) 1989 erzielte IP International Public Relations (man beachte die Namensänderung 1990 unter I in International!) 5,8 Millionen DM, bei 26 Angestellten.3 1989 war von „36 Etats“ und einer Verdopplung des Honorarumsatzes seit 1985 zu lesen.

Mit ihrem Honorarumsatz von 1989 „rangiert IP als Einzelfirma nach eigenen Angaben an sechster Stelle der PR-Agenturen in der Bundesrepublik, liegt aber mit fast 0,25 Mill. DM Nettoerlösen pro Mitarbeiter deutlich über dem Durchschnitt der Branche.“ (Handelsblatt 8.11.1989, S. 18. Hier wird die Mitarbeiterzahl mit 24 angegeben.)

Instrumente und Methoden

IP Informationen/Public Relations agierte in den 1980er-Jahren weiter als Full-Service-Agentur, setzte dabei strategische bzw. vernetzte Konzepte um.

Beispiel: Varianz in der Presse- und Veranstaltungsarbeit

Abb.: Typische Situation einer Presseveranstaltung. Hier für Ramada in Karlsruhe am 26.1.1984. Foto: IP Informationen / Public Relations. Quelle: Interne Materialien der Agentur Orca van Loon. Eine Veröffentlichungsgenehmigung wurde nur für das PR-Museum erteilt, Weiternutzungen sind ohne Zustimmung der Agentur nicht erlaubt.

In den agenturinternen Materialien, den „Gästebüchern“ (Fotoalben) sind vor allem die Pressearbeit sowie Veranstaltungstätigkeit dokumentiert. Neben der hohen Frequenz fällt dabei vor allem der Einfallsreichtum der Agentur auf, die im Grunde Standardmaßnahmen Pressekonferenz bzw. Veranstaltung zu variieren und den Journalisten zusätzliche Einblicke und Eindrücke zu verschaffen. Dies drückt sich einerseits in den Einladungen in der Vielfalt von Bezeichnungen4 sowie Örtlichkeiten (sehr häufig attraktive Hotels bzw. gastronomische Einrichtungen5) und andererseits in den Abläufen in der Mannigfaltigkeit von Anlässen bzw. Programmpunkten6 aus.

Beispiel: „Informationszentren“

Die meisten Einladungen zu Presseveranstaltungen, die in den „Gästebüchern“ abgelegt sind, erfolgten unter der „Flagge“ der PR-Agentur, einige auch unter der des jeweiligen Auftraggebers. Mitunter fiel die Wahl auch (zusätzlich) auf etwas „Drittes“: Die Form des „Informationszentrums“ wurde insbesondere bei komplexeren Themen bzw. (auch herkunftsbezogenen) Produktgattungen verwendet und sollte wohl Relevanz sowie aufklärerischen Charakter der Informationsbereitstellung betonen.

1981 firmierte Dr. Reiner Schulze van Loon das schon bestehende Hamburger Ernährungsphysiologische Archiv um in „Informationszentrum für Ernährung“ (IfE) (PR-Magazin 1981/4, S. 40)7. Am 12.8.1981 informierte ein Pressegespräch im Hotel Atlantic über die Eröffnung des Informationsbüros für Zitrusfrüchte. Dieses wirkte auch in den Folgejahren unter der Agenturadresse Sierichstraße 43 für Outspan. Auf einer Pressekonferenz am 16.9.1984 traten als Akteure die portugiesische Botschaft und ein Informationszentrum Port (IZP) auf, welches auch in späteren Jahren weiter existierte. Am 21.6.1989 fand eine Auftaktveranstaltung des Informationszentrums (IZ) Frisches Finnland statt. 1988 und 1989 trat ein IZ Leder aus Italien auf.

Mediale Umbruchsituation Mitte der 1980er?

Abb.: Informationen via Text und (Bewegt-) Bild: Aktion „Weihnachten auf hoher See“ für die CMA am 3.12.1983 auf der „Cap San Marco“ in Hamburg. Foto: IP Informationen / Public Relations. Quelle: Interne Materialien der Agentur Orca van Loon. Eine Veröffentlichungsgenehmigung wurde nur für das PR-Museum erteilt, Weiternutzungen sind ohne Zustimmung der Agentur nicht erlaubt.

Innerhalb des Phasenmodells zur Entwicklung des bundesdeutschen PR-Berufsfeldes von Szyszka begann 1984 eine neue Entwicklungsphase: Der medienpolitische „Urknall“ innerhalb der traditionellen Medien, die „Privatisierung des Rundfunks“ leitete eine Expansion klassischer Massenmedien ein“, was zu einem „großen Expansionsschub“ der PR „bei allen gesellschaftlichen Organisationstypen geführt habe“ (Szyszka 2015, S. 502).

Zwar haben sich die Honorarumsätze von IP Informationen/Public Relations zwischen der ersten und der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre spürbar erhöht. Und es haben wohl auch in den 1980ern Akteure zu den Kunden der Agentur gehört, die es möglicherweise in den 1970ern noch nicht gewesen wären (Indio-Museum Mana Kumaka, Schinkenräucherei Abraham, Champignon- u. Kulturpilzanbauer e.V.?).

Ob und inwieweit dies allerdings mit der Dualisierung des Rundfunksystems oder seinen Folgen zusammenhängt, dafür lassen sich aus den von uns ausgewerteten Quellen keine Schlüsse ziehen. Durch die zunehmende Rolle des Sohnes Dietrich in der Agenturtätigkeit der 1980er-Jahre ist sicherlich von einer wachsenden Affinität gegenüber der neuen medialen Situation auszugehen, eine seriöse Übertragung der Phasen-Zäsur 1984 auf die Agenturgeschichte von Schulze van Loon ist allerdings nicht möglich.

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 1987 auch – immerhin noch vor dem Fall des „Eisernen Vorhanges“ zwischen Ost und West – Monimpex aus Budapest (Presseempfang mit Essen und Folklore aus Ungarn am 26.11. im Hamburger Hotel Reichshof).

2 Vgl. Schulze van Loon, Dietrich 2006. Auch CSvL und DSvL Interviews.

3 Vgl. PR-Magazin 1986/8, S. 6; 1989/4, S. 8; 1990/5, S. 27.

4 Die folgende (nicht vollständige) Auflistung bezieht sich der Einfachheit halber auf die gesamte Zeit, für die „Gästebücher“ vorliegen (1972-1996), nicht nur auf die 1980er-Jahre: Pressekonferenz, Jahres-PK, Bilanz-PK, Pressegespräch, Pressemeeting (sehr häufig), Pressempfang, Informationsgespräch, Präsentation Geschäftsbericht, Pressedemonstration, Gesprächsrunde, Round-Table-Gespräch, Diskussionsrunde …

5 Dies führt vglw. häufig zu solchen Veranstaltungsformen wie: Presse-Frühstück, Financial Breakfast, Presse-Arbeitsessen, Presse-Brunch, Presse-Dinner, Presse-Candle-Light-Dinner, Presse-Cocktail, Happy Hour, Champagner-Empfang …

6 Die folgende (nicht vollständige) Auflistung bezieht sich der Einfachheit halber auf die gesamte Zeit, für die „Gästebücher“ vorliegen (1972-1996), nicht nur auf die 1980er-Jahre: Vorführung, Verkostung, (Cognac-) Runde, Presse-Modenschau, Mobile Presse-Pelz-Modenschau, Mode-Werk-Schau, Kollektionsvorstellung, Journalisten-Führung, Journalisten-Kochwettbewerb, Journalisten-Turnier, Cup, Informations-Rallye, Ausstellungseröffnung, Vernissage, Taufe, Symposion, Seminar, Nachwuchs-Journalisten-Seminar, Grundsteinlegung, Vorbesichtigung, Begehung, Richtfest, Einweihung, Neueröffnung, Betriebsbesichtigung, Jubiläum, Auftaktveranstaltung, Testveranstaltung, Versammlung, Jour de Cognac, Port-Rendezvous, (Cognac-) Reise, Informationsfahrt, Pressefahrt …

7 Diese Einrichtung wurde im Rahmen des CMA-Auftrags betrieben (DSvL).