Die 1970er-Jahre – Zeit des Reifens II

Organisatorisch-institutionelle Aspekte

Die Agentur

Abb.: Die PR-Aktionen der Agentur stießen auf vielfältiges Medieninteresse. Foto: IP Informationen / Public Relations (1973). Quelle: Interne Materialien der Agentur Orca van Loon. Eine Veröffentlichungsgenehmigung wurde nur für das PR-Museum erteilt, Weiternutzungen sind ohne Zustimmung der Agentur nicht erlaubt.

Seit Mitte 1969 war die Agentur IP Informationen/Public Relations „mit Doppelsitz in den Kommunikations-Metropolen Hamburg und Frankfurt“ vertreten (PR 1972/3, S. 48).

Am Stammort Hamburg erheischten gewachsene Aufträge und Reputation neue Räumlichkeiten und einen prominenten Standort: Der Umzug beider Agenturen aus der Eppendorfer Landstraße 86 (PR) bzw. Blumenstraße 11(a) (Werbung) an den neuen, gemeinsamen Standort in einer „Patrizier-Villa in Hamburgs Nobel-Allee“ (PR-Magazin 1986/2, S. 22) Sierichstraße 43 erfolgte zwischen 1970/71 und 1973/74.1

Dienst für die Branche: Uni-Lehrauftrag und Mitgründer der GPRA

Die eigenen kommunikativen und wirtschaftlichen Erfolge beflügelten Dr. Reiner Schulze van Loon, sich auch für allgemeine Brancheninteressen, beispielweise für eine bessere Ausbildung, einzusetzen.2 Dies wurde schließlich auch von wissenschaftlichen Akteuren bzw. Universitäten registriert. Ab Sommersemester 1977 erhielt der damals 54-Jährige an der Universität Essen einen Lehrauftrag „Theorie und Praxis der Public Relations“.3

An der Gründung der Berufsvereinigung DPRG 1958 war Reiner Schulze van Loon offenbar nicht aktiv beteiligt, jedenfalls war er kein Gründungsmitglied.4 Seine wichtige Rolle bei der „Geburt“ des Wirtschaftsverbandes GPRA, dem Agenturverband, im Jahr 1973 ist aber unbestritten.5 Die Idee für diesen Premiumbund der größeren Dienstleister war wohl auch ein „Nebenprodukt“ der regelmäßigen Treffen des PR-Beraterkreises beim Bonner BPA, zumindest lässt ein Statement von Günter Thiele darauf schließen.6 Beim finalen Gründungsakt der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) – also der Eintragung in das Vereinsregister am 14. August 1974 – ist die Agentur IP Informationen/Public Relations explizit verzeichnet.7

Trotz ambivalenter Pressekonferenz ging es mit GPRA aufwärts

Abb.: Pressekonferenz der GPRA in Hamburg am 18.7.1973, Dr. Reiner Schulze van Loon stehend. Quelle: Interne Materialien der Agentur Orca van Loon.

Bei der ca. zwei Monate nach der Verbandsgründung der GPRA im heimischen Hamburg stattfindenden Pressekonferenz (PK) am 18. Juli 1973 spielte Dr. Reiner Schulze van Loon eine zentrale Rolle. Sie fand im Hotel Atlantic – seiner Lieblings-Location für solche Veranstaltungen8 – statt. Wir waren damals nicht dabei, deshalb können wir über die Berechtigung des Tenors der Berichterstattung in der Fachpresse – unter dem Untertitel „Der erste heiße Sommer der GPRA“ – nur mutmaßen.

Möglicherweise trifft hierfür das häufig kolportierte Bonmot zu, die besten Kommunikatoren seien in eigener Sache die schlechtesten. Denn im Beitrag von „PR – Erste Zeitschrift für Public Relations“ über die PK wird Schulze van Loon als „Hamburgs PR-Polterer“ bezeichnet. U.a. er habe „(m)it kaltem Lächeln das Umfeld-Niveau herabgesetzt“ (Bildunterschrift). (PR 1973, Nr. 3, S. 10f.)

Zutreffender ist aber wohl: Das berechtigte Abgrenzungsbedürfnis der (großen) PR-Dienstleister gegenüber Scharlatanen und Trittbrettfahrern haben einige der (kleinen) auch seriösen Agenturen und Berater, also wohl die Mehrheit der DPRG-Mitglieder, in den „falschen Hals“ bekommen.9 Jedenfalls musste der Vorstand der GPRA dann eine „Stellungnahme (…) zu den durch die P…K… (…) ausgelösten Missverständnissen und Fehlinterpretationen“ abgeben (Tebrake 2019, S. 241f. und 291).

Langjähriger GPRA-Vorsitzender

Diese anfänglichen Irritationen haben dem IP-Chef aber nicht nachhaltig geschadet.

1979 wurde er neuer Vorstands-Sprecher (später hieß das Vorsitzender) der GPRA, auch PR-Chairman für Deutschland im Lions Club International.10 Seit Dezember 1979 diente sein Hamburger Büro auch als GPRA-Geschäftsstelle.11

Als GPRA-Vorsitzender wurde er später mehrfach wiedergewählt. 1993 konnte ihm eine Urkunde für 20-jährige Mitgliedschaft in der GPRA überreicht werden.

Sein Verhältnis zur DPRG blieb aber ambivalent.12

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Im Hamburger Adressbuch von 1970 sind beide Agenturen eingetragen, die PR-Agentur in der Eppendorfer Landstraße und die Werbeagentur in der Blumenstraße. Vgl. digital verfügbare Ausgaben im Internet: http://agora.sub.uni-hamburg.de/subhh-adress/digbib/start Für 1971 bis 1973 sind keine digitalen Quellen verfügbar. In den Adressbüchern 1974, 1975 und 1976 sind beide Agenturen (PR und Werbung) mit der Adresse Sierichstraße 43 angegeben. Für spätere Jahre liegen die Quellen nicht digital vor.

2 Beispielsweise setzte er sich offensiv und publikumswirksam für eine Verbesserung der PR-Ausbildung ein. Vgl. PR 1974, Nr. 1, S. 20f.

3 Vgl. PR-Magazin 1977/3 und CSvL Interview.

4 Dies verwundert etwas, weil an der Gründung der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) „Zirkel“ im rheinischen und (!) Hamburger Raum eine zentrale Rolle gespielt haben sollen. Vgl. Szyszka 2015, S. 498. Bei Heinrich 1958 und bei Tebrake 2019, S. 184, werden ein Wolfgang Oehme aus Hamburg – der vermutlich angestellter PR-Treibender war – als Mitglied des Vorbereitungsausschusses erwähnt. Denn als „Vertreter der selbstständigen Public-Relations-Berater“ werden Heinz Beller (Bremen) und Dr. Manfred Zapp (Düsseldorf)“ benannt (Heinrich 1958). Wann Reiner Schulze van Loon in die DPRG eingetreten war, lässt sich derzeit nicht ermitteln (Scharfstädt 25.4.2019).

5 Zwar gehörte er – jedenfalls formell bzw. nach den hier erschlossenen Quellen – nicht zu den allerersten Initiatoren (vgl. Tebrake 2019, S. 237), aber zu den Gründungswilligen, die am 8. Mai 1973 die erste Mitgliederversammlung der GPRA abhielten (vgl. S. 238).

6 „Das erste Mal begegneten wir uns Anfang der 70er Jahre in einem Bonner Beraterkreis. Danach dann immer öfter. (…) So war es folgerichtig, dass wir als Agenturchefs zu den Gründungsmitgliedern der GPRA (…) gehörten, die auch Reiner Schulze van Loon aktiv mit voran trieb.“ (Thiele 2006)

7 Vgl. Tebrake 2019, S. 240.

8 Dies lässt sich nach Sichtung der „Gästebücher“ (Fotoalben) der Agentur mit Fug und Recht behaupten.

9 Viele Mitglieder der DPRG seien sich einig: Der Start ihres Beibootes GPRA in der Öffentlichkeit „war nicht glücklich“ (PR 1973/3, S. 10).

10 Vgl. PR-Magazin 1979/4, S. 67.

11 Vgl. PR-Magazin 1980/1.

12 Vgl. CSvL Interview.