Interne Kommunikation

Krupps interne Kommunikation: Zwischen Fürsorge und Kontrolle

Abb.: Deckblatt des Generalregulativs der Firma Krupp. Quelle: Tenfelde, Klaus: Fotografie und Geschichte im Industriezeitalter. München, 1994.

Alfred Krupp führte das Unternehmen und seine Arbeiter mit patriarchalisch-fürsorglicher Hand und immer mit dem Anspruch, den besten Stahl herzustellen und die rationellsten Fertigungsmethoden zu entwickeln. Getrieben von diesem Ehrgeiz und der ständigen Weiterentwicklung und Optimierung der Produkte, wuchs die Beschäftigtenzahl mit dem Aufschwung Mitte des 19. Jahrhunderts enorm an.

Regeln und Systematik interner Öffentlichkeitsarbeit

Aufgrund der rasant zunehmenden Beschäftigtenzahlen im Unternehmen stellte Alfred Krupp schon früh die Überlegung zu einer internen Öffentlichkeitsarbeit an. In Zeiten der Arbeiterbewegung und der Generalstreiks erkannte er, dass ein produktives und stabiles Unternehmen nur dann Bestand haben kann, wenn es – im Jargon der Zeit – von innen her gesund und gefestigt sowie seine Arbeiter zufrieden sind. Um die Zufriedenheit seiner Beschäftigten auch in materieller Hinsicht zu sichern, verfasste Krupp 1872 ein „Generalregulativ“, welches an alle Arbeiter ausgeteilt wurde. Darin wurden Pflichten und Rechte eines jeden Kruppianers, wie die Arbeiter Krupps genannt werden, penibel beschrieben und festgelegt. Das Miteinander sollte auf gegenseitiger Treue, Vertrauen und Loyalität zwischen Arbeitern und Unternehmen beruhen.1

Soziale Absicherung auch mit politischen Absichten

Die den Arbeitern auferlegten Pflichten waren streng, ihre Privilegien allerdings weitreichend. Sie erhielten billige Wohnungen und konnten ein Krankenhaus, eine Zahnklinik, Erholungshäuser und einen Altenhof nutzen. Es gab eine firmeneigene Pensions-, Witwen- und Waisenkasse. Eine Hilfskrankenkasse wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eingerichtet. Wer zeit seines Lebens bei Krupp arbeitete, bekam sogar eine Rente ausgezahlt, eine zu dem Zeitpunkt einzigartige Maßnahme in Deutschland. Diese Maßnahme gilt als erste Betriebsrente. Bei vorzeitiger Entlassung verloren die Arbeiter jedoch diese Privilegien. Alfred Krupp war damit auf dem Gebiet der sozialen Absicherung für seine Zeit sehr fortschrittlich. Die Sozialgesetzgebung von Otto von Bismarck orientierte sich weitgehend am Kruppschen Generalregulativ.

Allerdings war Krupp auch ein gewiefter Taktiker und keineswegs uneigennützig: Eine wichtige Motivation für diese Maßnahmen bestand in der Furcht vor sozialdemokratischen Agitationen und der „Bedrohung“ durch ein immer selbstbewusster werdendes Proletariat. Mithilfe des Generalregulativs versuchte Alfred Krupp seine Arbeiterschaft sowohl zu kontrollieren und zu lenken, als auch zu entpolitisieren und von der Außenwelt abzuschotten.2

Autor(en): I.S.

Anmerkungen

1 Vgl. Kunczik 1997, S. 190f.

2 Vgl. Kunczik 1997, S. 191f.