Biografie (I): Jahre des Suchens und Ausprobierens

Jugend im Epochen- und Systemwandel: Sudeten – DDR – BRD

Abb.: Das heutige Chomutov, hier der Ring mit ehemaliger Katharinenkirche und Stadtturm. Mai 2014. Foto: SchiDD. Quelle: Wikimedia Commons, Creative Commons Attribution- Share Alike 3.0 Unported https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Manfred Piwinger wurde am 21. Dezember 1936 am südlichen Fuß des Erzgebirges im nordböhmischen Komotau geboren. Das heutige Chomutov, eine Industriestadt in der Tschechischen Republik, gehörte zu den ehemals überwiegend deutsch besiedelten Gebieten der damaligen Tschechoslowakei.1

Als junger Erwachsener nach dem Krieg absolvierte er im nahen Ostdeutschland ein Ingenieursstudium2, eher er die DDR verließ. Sein Aufwachsen in industriellen und ingenieurstechnischen Umgebungen sollte sein weiteres Leben allerdings durchaus positiv beeinflussen, indem es ihn auf seine künftigen kommunikativen und intellektuellen Herausforderungen aus einer lebens- und unternehmenspraktischen Perspektive blicken ließ. Auch seine spätere und aktuelle Wahlheimat Wuppertal ist voll von wirtschaftlich-industriellen Traditionen und Perspektiven.3

Ende 1958 vollzog er in der westdeutschen Bundesrepublik, konkret in Schwaben, einen Neuanfang. Zunächst machte er sich dort mit den wirtschaftlichen Verhältnissen vertraut, ganz praktisch (er half als Fahrstuhlführer aus) und wissbegierig (an einer Stuttgarter Handelsschule lernte er Betriebswirtschaftslehre, Buchhaltung, Schriftverkehr u.Ä.).4

Aus seiner Anfangszeit in Südwestdeutschland (…)

(…) ist dem gebürtigen Böhmen nicht nur eine Sympathie für die schwäbische Mundart geblieben, sondern auch eine treue Vorliebe für gute Maultaschen.

(Christoffel 2016)

Seine Ausbildung und Berufstätigkeit als Journalist

Abb.: Die Schwabenmetropole Stuttgart, hier Heslach und Karlshöhe. 2007. Foto: MSeses. Quelle: Wikimedia Commons, Public Domain.

„Das Schreiben – sein Lebensthema – hat Piwinger von der Pike an gelernt.“ (Christoffel 2016). Am 15. Januar 1959 begann Manfred Piwinger ein anderthalbjähriges Volontariat beim „Hohenloher Tagblatt“. Nach Abschluss der journalistischen Grundausbildung war er bis 1965 in mehreren Lokalredaktionen bzw. Standorten tätig: zunächst in Gerabronn bzw. Crailsheim, die letzten zwei Jahre bei der „Ludwigsburger Kreiszeitung“. Auch schrieb er als Regionalkorrespondent für andere Heimatzeitungen und die Nachrichtenagentur DPA (Landesdienst Baden-Württemberg).

Die bodenständigen Medien-Erfahrungen hielten ihn nicht davon ab, sich weiterzubilden (er besuchte mehrere Journalistenseminare) und sich für Wirtschaft zu interessieren: 1961 wurde er zum Betriebsratsvorsitzenden seines süddeutschen Verlagshauses gewählt. Und: „Drei AEG-Aktien in dieser Zeit gekauft – ein früher Impuls für die spätere Befassung mit der Kapitalmarktkommunikation“, so Piwinger (o. J.) augenzwinkernd-lebensprophetisch.

Piwingers Bildungsdrang und „seine Freude an der Sprache“ (Christoffel 2016) erstrecken sich nicht nur auf Deutschland. 1963 und 1965 absolvierte er mehrmonatige Sprach- und Studienaufenthalte in London und in französischen Städten.

Autor(en): E.Z.G.K.T.L.

Anmerkungen

1 Von 1938 bis 1945 war Komotau als Teil des so genannten Sudetengebietes – im Ergebnis des „Münchner Abkommens“ von 1938 – Hitlerdeutschland angeschlossen. Nach 1945 wurde die deutsche Bevölkerung im Zuge der Neuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Tschechoslowakei vertrieben.

2 Piwinger ist „Diplom-Ingenieur“. Vgl. u.a. Zerfaß/Piwinger 2014, Autorenvorstellung auf S. XVII.

3 Dass Friedrich Engels – Mitstreiter von Karl Marx – heute als „berühmtester Sohn der Stadt“ Wuppertal gilt, kommt nicht von ungefähr. Wuppertals „industrielle DNA“ bot und bietet für vielerlei ökonomische, soziale und gesellschaftspolitische Problemanalysen einen guten Nährboden. Vgl. Hofsähs 2020.

4 Diese und andere biografischen Angaben in diesem Kapitel beruhen, wenn nicht anders angegeben, auf Piwinger (o. J.).