Fazit
Adenauer war sein bester Öffentlichkeitsarbeiter selber
Zusammenfassend lässt sich Adenauers Verhältnis zur Presse mit den Worten von Franz-Josef Strauß beschreiben: „Insgesamt verstand es Adenauer, mit den Vertretern der Medien in einer Weise umzugehen, wie dies hinsichtlich des persönlich-politischen Ertrages von keinem Bundeskanzler nach ihm mehr beherrscht wurde“ (Strauß 1989, S. 130).
Trotz einiger Spannungsverhältnisse schien er nach dem Krieg eine geringschätzige Behandlung der Journalisten, die ihm insbesondere als Kölner Oberbürgermeister nachgesagt worden war, zu vermeiden und pflegte kontinuierlich gute Kontakte zu Journalisten im In- und Ausland.1 Er war aber der entscheidende „Öffentlichkeitsarbeiter“, nicht das zuständige Amt.
Sein Medien- und Öffentlichkeitsverständnis war freilich Teil seiner Regierungsweise, die „während und auch nach seiner Amtszeit (…) (h)öchst umstritten“ war und „für die sich die Bezeichnung Kanzlerdemokratie einbürgerte“.
Adenauer galt als eine autoritäre Persönlichkeit, im Umgang mit der Macht nicht ‚pingelig’. Man warf ihm vor, er sei rüde mit der Opposition umgesprungen und habe seinen Ministern und seiner Partei nur eine dienende Rolle zugebilligt. Manche sahen darin eine Gefahr für die Demokratie. Diese Charakterisierung ist natürlich nicht völlig unzutreffend, doch hat sich inzwischen eine gelassenere Betrachtung durchgesetzt. Die Kanzlerdemokratie war in der Verfassung angelegt. Nach dem Grundgesetz bestimmt der Kanzler die Richtlinien der Politik. Adenauer hat unbestreitbar exzessiven Gebrauch davon gemacht.
(Pötzsch 1998)
Großer deutscher Staatsmann, profiliert im Ost-West-Konflikt
Konrad Adenauer gilt heute allgemein als „großer Deutscher“, der in schwieriger Zeit den demokratischen Neubeginn und gesellschaftlichen Aufschwung der westdeutschen Bundesrepublik und ihre Integration in die freie westliche Staatengemeinschaft über viele Jahre als Kanzler geführt hat.
Die Ära Adenauer war nach 14 Jahren zu Ende gegangen. Der erste Bundeskanzler hat seine Zeit wie kein anderer nach ihm geprägt. Als er abtrat, hatte sich das Provisorium mit ungewissen Zukunftsaussichten in ein innenpolitisch stabiles, wirtschaftlich prosperierendes Gemeinwesen verwandelt. Aus dem besetzten Land unter der Kuratel der Siegermächte war ein geachtetes Mitglied der Völkerfamilie geworden.
(Pötzsch 1998, S. 137)
Und ein weiteres Zitat, das die Bedeutung von Adenauer beschreibt:
Mit politischen Konzeptionen und Programmvorstellungen, die er nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt und an den Erfahrungen während der Naziherrschaft überprüft hatte, machte er eine ‚parteipolitische Blitzkarriere’. (…) Sein Aufstieg zum charismatischen Gründungskanzler der Bundesrepublik Deutschland und geachteten Staatsmann der westlichen Welt hing eng mit der Entstehung des Ost/West-Gegensatzes und dem Beginn des Kalten Krieges zusammen.
(Konrad-Adenauer-Stiftung 2010a)
Aus der Kenntnis des Zusammenbruchs des sowjetischen Machtblocks und der ostdeutschen DDR 1989/90 erscheint seine Rolle sogar noch größer als vorher. Allerdings hat Adenauer auch stark polarisiert und innen- sowie außenpolitisch Gegnerschaft hervorgerufen (seine von manchen als einseitig und ausgrenzend zugleich empfundene Verwurzelung im Rheinland und Katholizismus, in der Saarfrage, bezüglich der Einschätzung von Chancen zur Überwindung der deutschen Teilung, bei der Wiederbewaffnung, im Umgang mit Kommunisten etc.).2
Aber selbst im Ost-West-Konflikt konnte Adenauer durchaus flexibel und pragmatisch sein, „teilweise ohne dass die Zeitgenossen davon Kenntnis erhielten“. Ähnlich querdenkerisch wie seine Rheinstaatspläne schon in den 1920ern waren Vorschläge einer Österreich-Lösung für die DDR um 1958. Kernbestandteile bildeten „Anerkennung der Eigenstaatlichkeit der DDR und Garantie ihrer Neutralität im Austausch für politische Freiheiten und Erleichterung der Lebensbedingungen für die Bevölkerung. Dies sollte allerdings immer nur eine Interims-Lösung sein, es sollte für eine begrenzte Zeit gelten, nach einer bestimmten Frist sollten die Deutschen das Selbstbestimmungsrecht in Anspruch nehmen und frei über ihre politischen Verhältnisse entscheiden können.“ (Pötzsch 1998, S. 124)3
Anmerkungen
2 Vgl. u. a. dhm/hdg 2014. Sein Verhältnis zu Ludwig Erhard, dem „Vater des Wirtschaftswunders“, war ebenfalls getrübt. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Adenauer
3 Vgl. auch schon ähnliche Pläne in den Jahren 1957, an denen sein Pressesprecher Felix von Eckardt beteiligt war, und 1959/60 (Globke-Plan). Siehe unter: http://www.konrad-adenauer.de/import/daten/1959-kommentar-globke-plan/