Konrad Adenauer nach 1945: Leben und Wirken

Zwischen den Besatzungsmächten und eigenen politischen Ambitionen

Nach dem Krieg setzte Konrad Adenauer seine politische Karriere fort.1 Die Amerikaner holten ihn am 4. Mai 1945 als Oberbürgermeister von Köln wieder in die Verantwortung – aufgrund seiner Verdienste für Köln und das Rheinland vor 1933 völlig verständlich. Wenige Wochen später wechselte die Besatzungsmacht. Die Briten entließen ihn am 6. Oktober 1945 vom Posten des Kölner Oberbürgermeisters, laut offizieller Begründung „wegen Unfähigkeit“ (dhm/hdg 2014). Dies glaubt vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit vor 1933 gewiss niemand. Möglicherweise geschah dies, „nachdem er ihre Besatzungspolitik kritisiert hatte“ (Konrad-Adenauer-Stiftung 2010a).2 Der wahrscheinlichste Grund lag aber wohl in Adenauers Eigensinnigkeit:

Den Briten war zu Ohren gekommen, dass Adenauer begonnen hatte, in großer Politik zu machen und außenpolitische Fäden zu spinnen. Am Tage vor seiner Amtsenthebung hatte er einer Vertreterin des News Chronicle und der Associated Press ein Interview gegeben, in dem er seine Vorstellungen von einem Rhein-Ruhr-Staat entwickelte. Doch schon Wochen vorher hatte er ein Memorandum verfasst, das er mit Hilfe des ihm nahestehenden Schweizer Generalkonsuls Franz Rudolf von Weiss nach Paris lancierte.

(Benser 2005)3

Adenauer sah bereits 1945 den Kalten Krieg, eine deutsche Zweiteilung und die Westintegration Westdeutschlands voraus.4 In dem bereits erwähnten Interview vom 5. Oktober 1945 habe er erklärt: „Der von Russland besetzte Teil sei für eine nicht zu schätzende Zeit für Deutschland verloren. (…) Es sei notwendig, die drei Teile des nicht russisch besetzten Gebietes, die bei Schaffung eines Rhein-Ruhr-Staates entstünden, in einem staatsrechtlichen Verhältnis zu belassen.“ An anderer Stelle: „Westdeutschland sollte zu einem eigenen ‚staatsrechtlichen Gefüge’ gebracht werden.“ (Zit. nach Keiderling 2009, S. 53f.) Ob er mit einer so frühen Positionierung nur Unvermeidliches früher erkannt hatte als manch andere Akteure oder ob er dadurch erst diese Entwicklung zur deutschen Teilung befördert hat, wird eine offene Frage bleiben, die unterschiedliche Antworten finden kann.

Langjähriger CDU-Vorsitzender

Abb.: Konrad Adenauer auf dem 13. CDU-Bundesparteitag am 28. März 1965 in Düsseldorf. Foto: Gerhard Heisler. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F019973-0017, Gerhard Heisler, CC-BY-SA / Wikimedia Commons Attribution Share alike 3.0 German license http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Am 17. Juni 1945 gründete sich als interkonfessionelle christliche Partei in Berlin eine Christlich-Demokratische Union bzw. in Köln eine Christlich-Demokratische Partei. Die CDU war eine politische Innovation nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Erfahrungen der Weimarer Republik mit ihrer Parteienzersplitterung und das Erlebnis des gemeinsamen Widerstandes katholischer und evangelischer Christen gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft legten die Idee einer überkonfessionellen christlichen Sammlungsbewegung nahe. Der Name Union signalisierte die Abkehr von konfessions-, klassen- und interessenbezogenem Parteidenken, es sollte eine alle sozialen Gruppen der Gesellschaft umfassende Volkspartei gegründet werden. (…) In der Tat ist bemerkenswert, dass es an vielen Stellen Deutschlands lokale Parteigründungen unter verschiedenen Namen mit denselben Grundüberzeugungen und politischen Zielen gab, ohne dass eine zentrale Stelle sie lenkte. Die Initiativen gingen zumeist von Politikern der ehemaligen Zentrumspartei oder von ehemaligen Christlichen Gewerkschaftern aus, aber auch von Anhängern liberaler und konservativer Parteien der Weimarer Zeit.

(Pötzsch 1998, S. 47)

1946 wurde Adenauer zum Vorsitzenden der CDU in der britischen Besatzungszone gewählt. Als sich die CDU 1950 auch auf westdeutscher Bundesebene organisierte, wählte ihn die Partei zum Vorsitzenden. Nachdem Adenauer 1964 zum achten Mal als CDU-Vorsitzender wiedergewählt worden war, legte er diese Funktion 1966 nieder.

Karriere als Bundeskanzler

1948 erfolgte seine Ernennung zum Präsidenten des Parlamentarischen Rates, bis er schließlich am 15. September 1949 zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde. Zwischen 1951 und 1955 hatte er gleichzeitig das Amt des (west-) deutschen Außenministers inne – eine Position, die auch Auswirkungen auf die Praxis der Regierungskommunikation hatte.

Bei der Wahl zum Bundespräsidenten 1959 hatte Adenauer zunächst eine Kandidatur beabsichtigt, diese dann aber zurückgezogen. Am 15. Oktober 1963 trat er vereinbarungsgemäß (als Bedingung des Koalitionspartners FDP) vom Amt des Kanzlers zurück, sein Nachfolger wurde Ludwig Erhard. Am 19. April 1967 starb er in Rhöndorf am von ihm so geliebten Rhein.

Autor(en): T.L.A.-D.S.

Anmerkungen

1 Vgl. dazu und zum Folgenden: Konrad-Adenauer-Stiftung 2010, 2010a und 2012; dhm/hdg 2014.

2 Vgl. dazu auch: http://www.konrad-adenauer.de/biographie/zitate/biographisches/

3 Vgl. auch schon: Köhler 1986. Dort auch: „Was bleibt und was von Franz-Rudolph von Weiss in großer Dichte und Genauigkeit überliefert wird, ist Adenauers Priorität für den Rheinstaat. Bei Adenauer findet sich kein Gedanke für das Reich, sondern sein Blick ist primär auf die Errichtung eines Staatsgebildes gerichtet, das neben den Benelux-Staaten und der Schweiz eine nach Paris hin orientierte Staatengemeinschaft bilden sollte. Als Folge des kalten Krieges war wohl die Gründung des Weststaates unvermeidlich, aber kein führender Politiker der Gründergeneration hat diese Entwicklung so akzeptiert und für sich vorweggenommen wie Konrad Adenauer.“

4 Siehe dazu auch: Adenauer 1980, S. 39f.