Presse als Äußerungskanal

Aktiv beeinflussen: persönlicher Kontakt und Interviews

Abb.: Adenauer (links) liest in einem Buch, das ihm Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard als Geburtstagsgeschenk überreichte. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F-004214-0033, CC-BY-SA / Wikimedia Commons, Attribution Share alike 3.0 German license http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Adenauer verfolgte das Nachrichtengeschehen allerdings nicht nur aufmerksam, sondern versuchte auch aktiv Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Die Presse war vor allem wichtiger Äußerungskanal in seinem politischen Wirken. Nach 1945 trat er häufiger als Autor von Zeitungsbeiträgen auf und bot ausgewählten Journalisten immer wieder Hintergrundinformationen an, um so die Nachrichten zu steuern und gleichzeitig gute Kontakte zu den Pressevertretern zu pflegen.

Ein besonderes Augenmerk legte Adenauer im Rahmen der Medienarbeit auf Interviews. Bereits vor seiner Amtszeit als Bundeskanzler war Adenauer ein gefragter Gesprächspartner der Medien.1 Insbesondere die Interviewpolitik fungierte in den ersten Jahren der Bundesrepublik als Ersatzaußenpolitik, um dem deutschen Standpunkt international Gehör zu verschaffen.2 Laut von Eckardt (1971, S. 121) erschienen daher in Europa und Amerika fast täglich Interviews von Adenauer. Ein bekanntes Beispiel ist ein Interview mit dem Cleveland Plain Dealer, der Heimatzeitung von US-Präsident Truman, in dem Adenauer schon 1949 die Befürwortung einer deutschen Wiederbewaffnung durchblicken ließ und damit auf harsche Kritik im In- und Ausland stieß. Solche Interviews nutzte er häufiger als Tests, um die internationale Stimmungslage zu politischen Themen zu erfahren.3

Die Teegespräche

Neben den zahlreichen Interviews waren Informations- und Hintergrundgespräche im kleinen Kreis, die so genannten Teegespräche, ein zentrales Instrument der Medienarbeit des Bundeskanzlers. Allerdings hatte Adenauer schon vor seiner Kanzlerschaft Frühstücke mit ausgewählten Journalisten veranstaltet. Und Pressetees wurden schon zu Zeiten der Weimarer Republik genutzt, stellten daher an sich keine Neuheit dar.

Seit dem Frühjahr 1950 lud Adenauer in seiner Rolle als Bundeskanzler Vertreter der deutschen und ausländischen Presse, je nach politischem Anlass und stets getrennt, zum „Tee“, heißt zum zwanglosen Gespräch, ein. Das Ziel war dabei nicht unbedingt immer nur Exklusives zu vermitteln, sondern vor allem Zusammenhänge darzustellen und falschen Beurteilungen der Journalisten durch genügend Hintergrundinformationen vorzubeugen.4

Auch im Rahmen der Teegespräche war Adenauers Persönlichkeit ein entscheidender Erfolgsfaktor: „Er zeigte sich als Meister psychologischer Einfühlung. Indem er Bekanntes und weniger Bekanntes, wohldosiert und raffiniert verstrickt, weitergab, erweckte er beim Gesprächspartner das Gefühl, auf ihn komme es besonders an“ (Küsters 1988, S. 23). Dabei zeigte sich Adenauer auch empfänglich für Kritik von Journalisten, die er schätzte.

Generell galt, dass der Kanzler Informationen zu interessanten Themen eher nicht auf formellen, kollektiven Veranstaltungen gab, sondern in einem informellen, persönlichen Kontakt. Adenauer war für die Bundespressekonferenz nur sehr selten zu gewinnen.5 Insgesamt fokussierte sich die Medienarbeit rund um den Bundeskanzler also vor allem auf Interviews und Hintergrundgespräche: 450 solcher persönlichen Gespräche führte Adenauer im Rahmen seiner Amtszeit, wohingegen er nur 93 Pressekonferenzen besuchte.6

Anmerkungen

1 Vgl. Hoffmann 1992, S. 79f.

2 Vgl. Rosumek 2007, S. 61ff.

3 Vgl. Hoffmann 1992, S. 81f.; Rosumek 2007, S. 61.

4 Vgl. Hoffmann 1992, S. 104ff.

5 Vgl. Baring 1982, S. 75.

6 Küsters 1988, S. 17.