Fallbeispiel: Adenauers USA-Reise 1953

Auslandswirkung

Abb.: Zehn Jahre später, 1963, kam US-Präsident John F. Kennedy zum Staatsbesuch in die Bundesrepublik, hier mit Bundeskanzler Adenauer im offenen Wagen. Foto: Simon Müller. Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F015727-0009, Müller, Simon, CC-BY-SA / Wikimedia Commons, Attribution Share alike 3.0 German license http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Die erste offizielle Reise des Bundeskanzlers in die USA ist ein besonders gutes Beispiel für das Ineinandergreifen der verschiedenen Instrumente und Methoden der Regierungskommunikation und Personen-PR. Auch belegt sie die Wechselwirkungen der ausländischen und inländischen Öffentlichkeitsarbeit sowie die zunehmende Rolle visueller Kommunikation, auch des bewegten Bildes. Die Reise wies dabei eine diplomatische Besonderheit auf: Niemals zuvor war ein deutscher Regierungschef zu einem offiziellen Staatsbesuch in die USA eingeladen worden.

Das PR-Programm rund um die Reise und um Adenauer wurde in Zusammenarbeit des Bundespresseamtes (BPA) und der amerikanischen Agentur Roy Bernard genauestens geplant. Zentrale Aktivitäten waren z. B. die Ansprache des Kanzlers vor dem National Press Club, verschiedene Pressetees mit Washingtoner Journalisten sowie Adenauers Rede vor der Harvard Universität. Dabei wurde das BPA im Vorfeld auch von der der Pressestelle der Amerikanischen Hohen Kommission beraten: Die Amerikaner gaben den Anstoß zu einem Vorab-Versand von Informationsmaterial zu Adenauer und der deutschen Politik nach 1945 an über 450 Pressevertreter in den Vereinigten Staaten. Gleichzeitig lancierte das BPA zahlreiche Artikel von Bonner Vertretern großer amerikanischer Zeitungen über Adenauer und die BRD vor und während der Reise.1

Inlandswirkung

Auch für die positive Medienresonanz in Deutschland sorgte das BPA, indem Adenauer von einer Gruppe deutscher Journalisten begleitet wurde. Einer der Höhepunkte der Amerikareise war die Kranzniederlegung am Denkmal der Unbekannten Soldaten auf einem Soldatenfriedhof. Die Zeremonie wurde als Symbol der Rückkehr Deutschlands in die Völkerfamilie interpretiert. Sie diente zugleich Adenauers Wahlkampf, indem „publizitätsträchtige Situationen (…) der Wählerschaft die Unterstützung Adenauers von Seiten der USA bildhaft vor Augen führten.“

Man denke an ‚die Wochenschau, in der Konrad Adenauer, den Hut in der Hand, auf dem amerikanischen Heldenfriedhof Arlington zu sehen war, während eine amerikanische Militärkapelle das Deutschlandlied spielte, (…) das zuvor von den Besatzungsmächten verpönt worden war‘. Diese psychologisch ungemein suggestive Szenerie, ‚die bildkräftig und einprägsam das Ansehen und die politischen Erfolge Adenauers in Amerika zum Ausdruck brachte, war nach Ansicht U. W. Kitzingers ‚der wichtigste Trumpf der CDU‘ im Bundestagswahlkampf von 1953

(Walker 1982, S. 30f.).

Neben diesem Ereignis sorgte vor allem Adenauers Rede vor 600 Journalisten des National Press Club für den größten publizistischen Niederschlag. Die ausgezeichnete Resonanz auf die Rede ließ sich vor allem auch mit der Tatsache erklären, dass der komplette Redetext vorab in englischer Sprache verteilt wurde.

Insgesamt wurde die Reise im Nachhinein als großer kommunikativer Erfolg gefeiert, nicht zuletzt dank zahlreicher Pressekonferenzen und Pressetees. Rund um Adenauers Besuch wurden 5.000 Artikel mit 1.000 Bildern in der amerikanischen Presse publiziert, 500 Sender berichteten täglich über das Thema.

Nachwirkung

Auch im Nachgang liefen die Bemühungen weiter: Im Anschluss an die Reise gab das BPA in den USA eine Broschüre mit dem Titel Journey to America heraus, die sofort vergriffen war. Im Inland ließ es den Wahlkampffilm Ein Mann wirbt für sein Volk produzieren.

Da sich Adenauers Umfragewerte im Nachgang deutlich verbesserten, galt die USA-Reise insgesamt – einschließlich ihrer inländischen Nachbereitung – als Erfolgsfaktor für Adenauers Wiederwahl 1953.2 Mit diesem Erfolg begründete Adenauer die noch heute genutzte Tradition, Auslandsreisen mediengerecht zu inszenieren.

Autor(en): A.-D.S.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Jahn 1987, S. 207; Hoffmann 1992, S. 335ff., 387.

2 Vgl. Hoffmann 1992, S. 338ff., 349ff., 359; Rosumek 2007, S. 72.