BMW-Kommunikation (III): Public Affairs

PR bei BMW: Verhalten gegenüber den Arbeitnehmer-Organisationen und gesellschaftlichen Ansprüchen

Abb.: Nicht nur im hier referierten Text von 1988 (Quelle: Avenarius 1988), sondern auch auf der Podiumsdiskussion in Leipzig 2010 (Foto) vermittelte Horst Avenarius (Quelle: Avenarius 2010) interessante Einblicke in die PR-Arbeit bei BMW.

Horst Avenarius versteht unter Public Affairs „politische PR, die wir über das Verkaufen unserer Produkte hinaus betreiben“. Als ersten Unterpunkt hierfür behandelt er die „Tarifauseinandersetzungen“ (am Beispiel der von 1984).

Bei den Tarifauseinandersetzungen folgen wir nicht ganz der Betulichkeit, die sonst die Unternehmen an den Tag legen und alle Streiterei den Verbänden überlassen. (…) Diese Art von deutlicher Äußerung unserer eigenen Haltung hat uns übrigens noch nie geschadet, weder bei den Gewerkschaften noch bei den Betriebsräten. Wir stehen dazu. Es ist ein Bestandteil unserer Unternehmenskultur.

(Avenarius 1988, S. 131)

Klare Positionierung ist jedoch mit Dialogbereitschaft verbunden:

Die Dialogfähigkeit (…) ist (…) das, was wir (…)versuchen zu bewirken. Es geht darum, dass die Unternehmen nicht einfach die Position (…) einnehmen, sondern dass sie gewissermaßen eher wie beim Florettfechten Schläge empfangen und Schläge versuchen auch wieder auszuteilen, ohne dass die den anderen vernichten, sondern vielleicht nur berühren, touchieren und damit einen Punkt machen.

(Avenarius 1988, S. 131)

Und jetzt generalisierend für die gesamte PR:

Die Dialogfähigkeit eines Unternehmens zu schaffen ist eine der primären Aufgaben eines PR-Mannes. Dafür zu sorgen, dass sehr viel Öffentlichkeit in ein Unternehmen hineingetragen wird und nicht nur umgekehrt die Unternehmenstugenden nach draußen mitgeteilt und draußen wahrgenommen werden.

(Avenarius 1988, S. 131)

„(D)ass man, was draußen passiert, ins eigene Unternehmen hereinholt“, will aber gerade mit Blick auf die internen Teilöffentlichkeiten gut vorbereitet sein. Dies schildert Avenarius am Beispiel einer automobilkritischen Design-Ausstellung bei der Dokumenta 1977, die ins eigene Haus geholt wurde:1

Es gab davor intern große Diskussionen. Ich wurde gewarnt, ob denn nicht die Ingenieure des Hauses dagegen protestieren könnten Es geschah nicht. Wir haben sie allerdings auch darauf in Form einer innerbetrieblichen Aufklärungskampagne vorbereitet (…).

(Avenarius 1988, S. 134)

PR bei BMW: Aktives Verhalten bei politischen oder ökologischen Reizthemen

Am Beispiel der Haltung zum damaligen politischen Apartheid-System in Südafrika (BMW hat ein Tochterunternehmen dort) beschreibt Horst Avenarius den eingeschlagenen Weg der Transparenz:

Früher haben wir unser Werk dicht gemacht, wenn ein Redakteur kommen wollte und wollte wissen, wie es da drinnen zugeht. (…) Aber wir haben dann die Politik in Südafrika ziemlich bald und bevor andere es taten, bevor es auch von Seiten der öffentlichen Meinung gefordert wurde, geändert, die Gleichberechtigung eingeführt (…). Wir haben darüber an die Bundesregierung berichten müssen. Das geschieht auch heute noch Jahr für Jahr und so verhalten sich auch viele andere Unternehmen mit südafrikanischen Töchtern. Was diese jedoch – aus Prinzip – nicht tun, machen wir: Wir publizieren unseren Bericht. Wir sagen, den sollte auch die Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen.

(Avenarius 1988, S. 132)

Die Aufgabe der PR, „die Zeichen der Zeit recht früh zu erkennen“, erläutert Avenarius am Beispiel der Katalysator-Diskussion, die BMW 1983 auf dem Genfer Automobilsalon initiierte:

Sie wurde praktisch durch BMW selbst zu einem Zeitpunkt angestoßen, als die anderen europäischen Unternehmen sich im Grunde noch in einer Abwehrhaltung befunden haben. (…) Wir gerieten damit übrigens innerhalb der Automobilbranche über einen ziemlichen Zeitraum zu einem Sündenbock, hielten das aber eigentlich recht gut durch. Sie bemerken auch hier, dass es für einen PR-Mann darauf ankommt, (…) frühzeitig ein Unternehmen versuchen darauf hinzuleiten, dass etwas zu geschehen habe, was die Öffentlichkeit von einem Unternehmen erwartet; im Umweltschutz die richtigen Signale zu erkennen und sich darauf einzustellen.

(Avenarius 1988, S. 132)

Eine – nach Avenarius 1988 – weitere Form von Public Affairs, das „politische Mäzenatentum“, behandelt das nächste Kapitel.

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 „Es waren sehr kritische Ausstellungsstücke dabei, die etwa das Auto als Ritterrüstung zeigten, in der sich der Mensch gegen seine Umwelt abkapselt, oder ein Seziertisch auf Rädern als Symbol für das Auto als Mordinstrument.“ (Avenarius im FAZ-Magazin vom 19.2.1988; in Avenarius 2019, S. 320) Vgl. hierzu auch: Avenarius, Horst (1977): Brief eines für die BMW-Galerie Mitverantwortlichen an einen skeptischen Kollegen zum Beispiel in der BMW-Fahrzeugentwicklung. Vorwort im Katalog zu einer BMW-Ausstellung über „Fahrzeuge / utopisches design auf der documenta 6 in Kassel“. München 1977. Auch in: Avenarius 2019, S. 299-301.