BMW-Kommunikation (II): PR-Kampagnen und -Strategien

PR bei BMW: zeitlich begrenzte, transparente Kampagnen

Fallbeispiel und Ausgangssituation:

Abb.: Die Masterarbeit von Raulf 2012 (hier das Deckblatt) hat sich teilweise auf ähnliche Quellen gestützt wie wir hier in der Abhandlung im PR-Museum, u.a. auf die von Günter Bentele geführten Interviews mit dem Zeitzeugen. Auch Raulf 2012 enthält viele Informationen zur PR von BMW unter Horst Avenarius.

PR-Kampagnen „haben zeitlich begrenzte Aufgaben zu lösen“, die aus einer bestimmten Problemsituation für das Unternehmen erwachsen. Avenarius (1988, S. 129) führt ein Beispiel von 1985 an: „(Es) drohte die Diskussion über das Waldsterben zur Einführung des Tempolimits auf den deutschen Bundesautobahnen zu führen. Davon hielten wir natürlich aus Eigeninteresse nichts.“

Das öffentlich-mediale Kräfteverhältnis sah BMW in einer eher schwachen Position, in der die üblichen PR-Instrumente nicht genügend durchdrangen. Zwar hatte BMW „auch gute Argumente und Fakten“, aber die wurden „nicht gehört“:

Der Wald mobilisierte sehr viel mehr Leidenschaften und damit auch die Presse. Und die Presse kolportiert lieber die leidenschaftlichen Töne, die pointierten, die aggressiven Stellungnahmen.

(Avenarius 1988, S. 129)

Kampagnenansatz:

Der Problemlösungsansatz bestand darin, die „Schweigespirale“ zu durchbrechen und dem emotional-aggressiven Meinungsdruck eine „Allianz der Vernunft“ von ansonsten durchaus nicht immer einigen Akteuren entgegenzusetzen. Ziel war es zu erreichen, „dass sich Politiker, IG-Metaller und Betriebsräte wieder zu äußern wagten und zwar gegen das Tempolimit“. BMW gab offensiv bekannt, dass „eine der IG-Metall nahestehende Agentur beauftragt“ wurde, „Stimmen gegen das Tempolimit zu sammeln und zu streuen“.

Und das nahm man uns dann auch ab. Es ist überhaupt das Beste, wenn Sie eine Kampagne fahren, dass Sie regelrecht mitteilen, was Sie da vorhaben. Es schafft Goodwill und es schafft so etwas wie eine faire Betrachtungsweise eines Kombattanten, der da jetzt anfängt, sich zu wehren und der versucht, etwas durchzusetzen.

(Avenarius 1988, S. 129)

PR bei BMW: grundsätzliche Strategien zur Imagekorrektur und Markenbildung

Lage und Ziele:

Aus der BMW-Produktprogramm schneller und teurer Fahrzeuge habe sich – so Avenarius‘ damalige Diagnose – ein Unternehmens-Image entwickelt, „elitär zu sein bis zu einem Hauch von Arroganz“ und einem „Eindruck von Aggressivität“.1 Die PR habe der Gefahr zu begegnen, dass die BMW-Fahrer nicht von „Randsidern“ zu „Outsidern im Verkehrsgeschehen“ werden.

Bei der Marke BMW „ist eine Gemeinschaftsbildung (…) entstanden, mehr als vielleicht bei anderen Automobilmarken“. Dies manifestiere sich in den weltweiten Clubs der BMW-Fahrer. Hier, z. B. bei den Motorradlenkern, werde versucht, eher „normale Tourenfahrer“ herauszustellen.

„Ziel ist ein Goodwill, den wir schaffen wollen für die Marke BMW.“ (Avenarius 1988, S. 130) Das soll auf zwei Wegen erreicht werden.

Wege:

Erstens:

(…) der Versuch einer intellektuellen Absicherung unserer anstößigen Aktivitäten. Die Zielgruppe dieser Arbeit ist ziemlich klar. Es sind die Intellektuellen im  Lande. Der Nutzen für uns ist auch klar, die Duldung, ja die Sympathie für unsere Firma, nicht nur in der Presse, sondern darüber hinaus auch in der Literatur und damit nach Möglichkeit bei den künftigen Generationen.

(Avenarius 1988, S. 130)

Zweitens:

Wir leisten Basisarbeit (…).“ Wir wenden uns nicht „nur einfach an den obersten Politiker (…) oder an den Chefredakteur, sondern wir sprechen mit den Redakteuren (…) (und am Standort Milbertshofen – T.L.) mit den Bezirksausschüssen (…) und mit der Bevölkerung selbst.

(Avenarius 1988, S. 130)

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Laut Bevölkerungsumfragen gelte der BMW-Fahrer noch vor dem Porsche-Fahrer als Raser. Vgl. Avenarius 1988, S. 129.