Wirtschaftliche und institutionelle Aspekte der ABC-Geschichte (I)
Fulminante Entwicklung in den 1980er-Jahren
Wie weiter vorn bereits erwähnt, startete ABC vor allem in den 1980er-Jahren durch. „ABC war die Erfolgsnummer der achtziger Jahre. Von 1981 bis 1990 kletterte der jährliche Honorarumsatz von gut 3 auf 24 Millionen Mark. Die Zahl der Mitarbeiter stieg in den vergangenen zehn Jahren von 25 auf 175“, schrieb die Fachpresse Anfang der neunziger Jahre (Schumacher 1992, S. 92).
Nach der Agenturumfrage 1981, deren Ergebnisse im PR-Magazin (1981/5) enthalten sind, hatte die „ABC Presseinformation GmbH & Co. KG“ damals 22 Mitarbeiter und einen Honorarumsatz von 2,77 Mio. DM. Damit lag sie seinerzeit zum Beispiel hinter der Leipziger, Wurm & Partner GmbH in Frankfurt (30 Mitarbeiter plus 3 Azubis), aber beispielsweise vor IP Public Relations Dr. Reiner Schulze van Loon in Hamburg (17 Mitarbeiter plus 1 Azubi; 1,7 Mio. DM).
Bei einer Erhebung von 1985 (PR-Magazin 1986/8) konnten schon 7 Millionen Mark Honorarumsatz vermeldet werden. Für 1988 lauteten die Zahlen 110 festangestellte Mitarbeiter und 15,45 Mio. Mark (PR-Magazin 1989). Ein Jahr später, 1989 und unter der Firmierung „ABC/Eurocom Corporate & PR Agentur für Kommunikation GmbH & Co. KG“, wuchsen die Zahlen nochmals: 148 Leute und 21,05 Mio. Mark (PR-Magazin 1990/5). Und damit war das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Denn 1990 standen 175 Agenturangehörige und 24,01 Mio. Mark zu Buche (PR-Magazin 1991/5, S. 30).
Mitte der 1980er-Jahre wurde die Verantwortung auf mehr Schultern verteilt. Ralf Hering leitete – vor Gründung der Agentur Hering Schuppener – „von 1985 bis 1994 die nationalen, ab 1989 zusätzlich auch die internationalen Aktivitäten von ABC“ (PR-Report 19.02.2018), wurde also Thieles Chief Executive Officer.
Nach seinem Studium und ersten beruflichen Schritten als Marketing-Referent bei der Koelnmesse und als Marketing Director bei Fila Central Europe trat er (Hering) 1985 als Managing Director International in die Dienste der Düsseldorfer Agentur ABC Presse-Information. Bereits vier Jahre später stieg er in der Rolle des CEO mit ABC-Eurocom, wie die Agentur dann hieß, zum damaligen Marktführer in Deutschland auf.
(PR-Journal 19.02.2018)1
Organisatorische Veränderungen 1989/90: Internationalisierung
1989 schloss sich ABC der internationalen, französischen Holding Eurocom (später Euro RSCG) mit Sitz in Paris an, indem die Mehrheitsanteile – laut PR-Magazin (1989/Okt., S. 4) 77 Prozent – an diese übertragen wurden. Mit diesem Verkauf „konnte Thiele – jedenfalls für deutsche Verhältnisse – neue Maßstäbe setzen“ (PR-Magazin 1991/1, S. 27).
Die der Düsseldorfer Agentur verbliebenen 23 Prozent werden auch weiterhin von den bisherigen Gesellschaftern Rolf Eggert, Günter F. Thiele und Hannsjörg Dehner gehalten. Über die Verteilung war allerdings nichts zu erfahren.
(PR-Magazin 1989/Okt., S. 4)
1990/91 fungierten als Geschäftsführer der ABC/Eurocom Corporate & PR Günter F. Thiele, Hannsjörg Dehner, Michael Tost und Ralf Hering. Neben Thiele als „Sprecher der Geschäftsführung“ verantwortete Hering das „internationale Geschäft“, Tost die „Arbeit auf dem deutschen Markt“. „(…) Dehner wird in naher Zukunft, wenn er die zurzeit etwas ‚kopflose‘ Dependance in Frankfurt nach dem Ausscheiden von Thomas Rugo wieder in den Griff bekommen hat, die hauseigene Ausbildungsakademie aufbauen.“ (PR-Magazin 1991/1, S. 28)2
Vermeldet wurden 212 Angestellte – wohl der absolute Höchststand in der Geschichte der Agentur – und 23,5 Mio. Mark Honorarumsatz. Neben Düsseldorf bestanden Niederlassungen in Frankfurt am Main, München und Berlin sowie ein „Kontaktbüro Halle/Leipzig“ in Halle an der Saale. (PR-Magazin 1991/1, S. 29) Letzteres mit seiner Vorstadt-Adresse am Rande der Dölauer Heide hatte aber wohl nur Test- und Übergangscharakter.
Zu Eurocom als „größte(r) Agenturholding auf dem europäischen Kontinent“ gehörten seinerzeit „mit den Werbeagenturgruppen HDM, Belier und WCRS (White, Collins, Rutherford & Scott) rund 80 Dependancen in 27 Ländern“. ABC kam dabei eine wichtige Aufgabe zu: „Wohl zum ersten Mal soll unter der Führung einer deutschen PR-Agentur ein europäisches PR-Netzwerk aufgebaut werden.“ (PR-Magazin 1989/Okt., S. 4)
In Deutschland akquirierte die Gruppe eine namhafte Agentur am gewiss wichtigen Standort Hamburg:
Unter der Führung von Ralf Hering erwarb die Eurocom Holding GmbH 52 Prozent der Gesellschaftsanteile von IPR&O Beratungsgesellschaft für Kommunikation in Hamburg“, also der Agenturen von Dieter Schulze van Loon sowie von Tilman Görres und Ludwig Vogg. „Mit der ABC Eurocom in Düsseldorf und der IPR&O in Hamburg verfügt das französische Netzwerk in Deutschland über zwei schlagkräftige Agenturen. Gemeinsam erwirtschaften die beiden Agenturen knapp 30 Prozent des gesamten Umsatzes aller GPRA-Agenturen.
(PR-Magazin 1991/1, S. 4)
Die Eurocom Corporate & PR Holding kam damit auf 24 Agenturen in elf Ländern.3 650 Mitarbeiter realisieren einen Honorarumsatz von 110 Millionen Mark.“ (PR-Magazin 1991/1, S. 4)
Anmerkungen
1 Vgl. auch https://pr-journal.de/nachrichten/personalien/20158-ralf-hering-im-alter-von-61-jahren-ploetzlich-verstorben.html
2 „Die weitere Organisation sieht wie folgt aus: Kaufmännischer Leiter ist Udo Nowak, Bereichsleiter für International Services ist Egbert Deekeling und für Personale Kommunikation ist Ulrike Klein zuständig. Neben den zwölf Gruppenleitern gibt es für die Fachabteilungen wie Creation/Art, Redaktion, Desktop Publishing, Produktion und Erfolgskontrolle und die Projektgruppe Umwelt noch weitere Verantwortliche. Zwölf Projektleiter kommen noch hinzu.“ (PR-Magazin 1991/1, S. 28)
3 „Dazu gehören u.a. die Agenturen Escalero aus Wien, Torben Busekist PR AS aus Kopenhagen, Biss Lancaster aus Großbritannien, Agenpress aus Mailand, EC & P aus Madrid, Farner PR aus Zürich sowie aus New York Creamer Dickson Basford und die Corporate Graphics Incorporation.“ (PR-Magazin 1991/1, S. 29)