Verbands-Aktivitäten: GPRA und DAPR
GPRA-Gründung 1974
Günter F. Thiele hat sich nicht nur für „seine“ ABC, sondern auch verbandlich für die PR-Dienstleisterbranche engagiert. Er ist (….)
(…) Gründungsmitglied der Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen und hat besonders zur Marktakzeptanz der PR-Agenturen beigetragen. Von 1986 bis 1990 übernahm er das Amt des Präsidenten im Verband und ist heute Ehrenmitglied der GPRA.
(GPRA 2019)
Der Agenturverband „Gesellschaft Public Relations Agenturen“ (GPRA) war 1973/1974 in einem längeren Prozess gegründet worden, die Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Düsseldorf fand am 14. August 1974 statt.1 Die ABC Presse-Information GmbH & Co. KG – seit 1968 von Thiele geführt – war eine der elf Agenturen, die die eingereichte Satzung unterschrieben hatten. Der Wirtschaftsverband GPRA darf nicht mit der Berufsorganisation „Deutsche Public Relations Gesellschaft“ (DPRG) verwechselt werden, die bereits 1958 gegründet worden war. Für die GPRA galt:
Der Erwerb der Mitgliedschaft wurde neben dem grundsätzlichen Bekenntnis zu den Zielen und Grundsätzen von vier Einstiegs-Kriterien abhängig gemacht: der Inhaber oder Geschäftsführer sollte mindestens 5 Jahre lang eine leitende Position als selbstständiger oder angestellter PR-Berater bekleidet haben, es sollten bis dato qualifizierte PR-Leistungen erbracht worden sein, die Agentur sollte mindestens 5 Mitarbeiter beschäftigen und es sollten feste Verträge mit Kunden bestehen.
(Tebrake 2019, S. 240)
GPRA-Präsident ab 1987
1986 informierte die GPRA über ihre Mitgliederversammlung und wichtige Beschlüsse. Zu diesem Zeitpunkt verkörperten die Mitgliedsagenturen einen Umsatz von knapp 67 Millionen Mark (PR-Magazin 1987/1). Der Verband verlegte seine Geschäftsstelle von Hamburg in die damalige Bundeshauptstadt Bonn. Dr. Reiner Schulze van Loon aus Hamburg gab die GPRA-Führung ab.
Nach acht zeitraubenden Jahren an der Spitze der GPRA sagte er (Dr. Reiner Schulze van Loon) eines Tages zu mir: ‚Das alles wird mir jetzt zu viel. Mach Du weiter.‘ Ich habe es dann getan und wurde 1987 sein Nachfolger als Präsident der GPRA.
(Thiele 2006)
„Ab Mitte 1987 wird Günter F. Thiele, Geschäftsführer der ABC-Presse-Information in Düsseldorf, neuer GPRA-Präsident. Vize-Präsident wird Hill-and-Knowlton-Deutschland-Geschäftsführer Paul J. Kohtes, der ebenfalls in Düsseldorf ansässig ist.“ (PR-Magazin 1986/11)
Das neugewählte GPRA-Präsidium bestand außerdem aus den Beisitzern Hans Conrad Koob und Jürg W. Leipziger. Faktisch hat er wohl in der ersten Jahreshälfte 1987 mit seiner Arbeit begonnen, wie aus der Fachpresse zu schließen ist. (PR-Magazin 1987/1) Als Geschäftsführer der GPRA arbeitete von 1986 bis 1993 Gerhard Pfeffer (Pfeffer 2020).
Arbeitsschwerpunkt: höhere Wertigkeit der PR erreichen
Thiele verschrieb sich dem Kampf zur Erhöhung von Leistungsfähigkeit und Marktwert der Mitgliedsagenturen.
Das (…) GPRA-Präsidium kündigte an, die Aktivitäten zur Anerkennung der professionell arbeitenden PR-Agenturen in der Bundesrepublik Deutschland zu verstärken.
(PR-Magazin 1987/1)
Diese Zielstellung bedeutete – ins Monetäre umgemünzt –, dass PR-Leistungen teurer werden müssten. Diese Folgerung wurde auch durch einen Betriebsvergleich der GPRA-Mitgliedsagenturen 1988/89 gestützt. Zugenommene Professionalität und solide Geschäftsgrundlage bei den Mitgliedern sowie PR als ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld – so Thiele (PR-Magazin 1990/5, S. 27) – sprächen für gute Zukunftsaussichten.
Thiele erklärte 1990, dass zwar „(r)edaktionelle Leistung (…) in der PR-Arbeit einen höheren Stellenwert (gewinnt)“. Aber: „Im Vergleich mit Unternehmensberatern (…) schneiden wir bei den Einnahmen schlecht ab.“ (PR-Magazin 1990/5, S. 26) Insbesondere bei PR-Präsentationen müssten die Agenturen Verluste hinnehmen. Obwohl diese von den Kunden im Prinzip bezahlt werden, ergab der Betriebsvergleich, dass (…)
(…) die Agenturen für Präsentation im Durchschnitt knapp 8.000 Mark erhalten, der Aufwand jedoch tatsächlich bei rund 18.000 Mark liege. Im Übrigen werde intern oftmals bezweifelt, dass die Präsentation vorschriftsmäßig den potentiellen Kunden in Rechnung gestellt werde.
(PR-Magazin 1990/5, S. 27)
So ist es kein Wunder, dass sich Thiele bereits in den Jahren zuvor strikt gegen kostenlose Präsentationen gewandt und damit „die Statuten der ‚Gütegemeinschaft‘ GPRA verteidigt hatte. Dabei ging er auch konsequent gegen von der Linie abweichende GPRA-Mitglieder vor. Agenturchef Dieter Schulze van Loon bekam eine Abmahnung, weil er in Italien – wo „für Präsentationen nicht bezahlt werde“ – zum symbolischen Preis von einer Mark präsentiert habe.
Kreative Leistungen, so Thiele, müssten einfach von vorneherein honoriert werden. ‚Interessenten, die mit der GPRA ins Geschäft kommen wollen, müssen sich ganz einfach daran gewöhnen‘, zeigte sich der Präsident kompromisslos.
(PR-Magazin 1988/10, S. 12)
Arbeitsschwerpunkt: für Nachwuchsförderung
Günter F. Thiele setzte sich während seiner GPRA-Präsidentschaft von 1987 bis 1991 und auch danach „stark für die Nachwuchsförderung und deren Systematisierung ein(…).
Auf seine Initiative hin wurde auch die Deutsche Akademie für Public Relations (DAPR) gegründet, eine berufsständische Aus-, Fort- und Weiterbildungsinstitution, die heute als eine der anerkanntesten Institutionen des beruflichen Aus- und Fortbildungssektors zählt“. (Bentele 2001)
Die Gründung der Deutschen Akademie für Public Relations (DAPR) im Jahr 1991 fiel mit dem Ende der Amtszeit Thieles als GPRA-Präsident zusammen, aber die Gründungsvorarbeit war Thieles Einsatz und Herzensangelegenheit.
(Bentele 2002)
Dabei arbeitete Thiele eng mit Gerhard Pfeffer (siehe dazu den eigenständigen Beitrag im PR-Museum) zusammen, der von Januar 1991 bis Dezember 1992 (wie auch später noch einmal von 1997 bis 2005) Geschäftsführer der DAPR war (Pfeffer 2020).
Situation gegen Ende von Thieles GPRA-Präsidentschaft
Die Auftragslage der GPRA-Agenturen konnte 1990 – auf Basis des Betriebsvergleichs 1988/89 – noch als „(ü)beraus beruhigend“ eingeschätzt werden.
Denn 80 Prozent allen Neugeschäfts fiel den GPRA-Agenturen quasi in den Schoß, da es auf die Initiative der Kunden zurückzuführen war. Die Unternehmensberater (als Durchführende des Betriebsvergleichs – T.L.) brachten ihre Skepsis zum Ausdruck, was die weitere Entwicklung angeht: ‚Ob allerdings bisherige Wachstumsraten auch weiterhin mit vorwiegend passiver Akquisition zu erreichen sein werden, bleibt abzuwarten.‘
(PR-Magazin 1990/5, S. 27)
Präsident Thiele dazu:
‘Gezielte Bemühungen um Neugeschäft verpuffen. Erst wenn es brennt, sieht man in den Unternehmen die Möglichkeit ein, dass man PR benötigt.‘ Die Zukunftsaussichten schätzt Thiele aber als gut ein.
(PR-Magazin 1990/5, S. 27)
Vier Jahre lang stand Günter F. Thiele der GPRA als Präsident vor. Auf der Dresdner Mitgliederversammlung 1991 der GPRA kandidierte Thiele nicht mehr. Ihm folgte Jürg W. Leipziger, der unter seinem Vorgänger bereits als Vize-Präsident wirkte. „Der Frankfurter Agenturchef galt bereits seit längerer Zeit als designierter Nachfolger im Amt des GPRA-Präsidenten.“ (PR-Magazin 1991/6)
Anmerkungen
1 Vgl. Tebrake (2019), S. 237ff. Tebrake, der sich auf Unterlagen des GPRA-Archivs bezieht, führt aus, dass die Gründungsversammlung und die Annahme der Satzung am 8.5.1973 in Düsseldorf stattgefunden hat, 18 Agenturen nahmen hier daran teil. Am 18.7.1973 wurde das konzeptionell-programmatische Grundgerüste der GPRA u. a. mit 10 GPRA-Grundsätzen weiter konkretisiert. „Der finale Gründungsakt der GPRA folgte dann am 14.8.1974 mit einer Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Düsseldorf durch die Vorstände Klaas Apitz und Dr. Gerd Hennenhofer.“ Vgl. Tebrake (2019), S. 240.