Günter F. Thiele

Einführung

Vorbemerkungen

Günter F. Thiele, in Bitterfeld 1934 geboren und seit Mai 2002 Dr. h. c. der Universität Leipzig, ist einer der Pioniere im Berufsfeld der PR-Agenturen in Deutschland.

Nach der Übernahme der Geschäftsführung in der 1965 gegründeten PR-Firma ABC Presse-Information brachte Günter F. Thiele – vorher als Journalist und Texter tätig – die Agentur auf die Erfolgsspur. Mit „zuletzt 175 Mitarbeitern und Büros in Düsseldorf, Berlin, Frankfurt und München mit einem Honorarumsatz von damals 22 Mio. DM pro Jahr“ (Bentele 2002) baute er ABC zur langjährigen Nummer Eins in der PR-Agenturszene der Bundesrepublik Deutschland aus.

Als Chef sah er sich dabei „in der Rolle des Spielertrainers“, wie das Fachorgan PR-Magazin resümierte. Oder in den Worten von Thiele selbst:

Die ABC ist nicht das Produkt von mir, sondern sie ist das Verdienst der gesamten Mannschaft.

(Thiele in: PR-Magazin 1991/1, S. 27)

Nach Anschluss von ABC „an die internationale Holding Eurocom 1989 führte er die Geschäfte noch drei Jahre und wechselte dann in den Beirat, ehe er 1994 seine Agenturtätigkeit beendete“ (Middelkamp 2002).

Mit dieser Lebensleistung hat er für die gesamte Kommunikationsbranche wichtige professionelle Standards setzen können. Während dieser Zeit hat er sich auch mit der Gründung der Deutschen Akademie für Public Relations (DAPR) große Verdienste um die Verbesserung der Ausbildung in diesem Beruf erworben.

(Bentele 2001)

Nicht nur die DAPR, sondern vor allem auch die GPRA hat ihm viel zu verdanken:

Günter Thiele hat sich einen Namen gemacht. Als Präsident der Gesellschaft PR-Agenturen (GPRA) und Chef der größten deutschen PR-Agentur ist er erfolgreich wie kaum einer seiner Kollegen.

(PR-Magazin 1991/1, S. 27)

Ab den 1990er-Jahren engagierte er sich für die PR-Forschung und die universitäre PR-Ausbildung, „die damals erst im Begriff war, sich im deutschsprachigen Raum zu institutionalisieren. Er war Initiator und Mitgründer der „Stiftung zur Förderung der PR-Wissenschaft an der Universität Leipzig“ (SPRL), die später in der heutigen Günter-Thiele-Stiftung aufging. Er stattete die SPRL zusammen mit weiteren Förderern mit Kapitalmitteln aus. (GT-Stiftung)

 

 

Erfolgs-Mensch mit Prinzipien

Thiele erzielte in seinem Leben große beruflich-professionelle, teilweise auch monetäre, aber auch ideelle Erfolge. Sein Anspruch war hoch. So hieß es um 1990 in der „eigens ausformulierten Agenturphilosophie“ von ABC/Eurocom:

Wir bemühen uns täglich, eine der besten (PR-Agenturen) zu sein. Wir beschäftigen ausgewählte Mitarbeiter mit hohen fachlichen und menschlichen Qualitäten, die eine professionelle Einstellung zur Dienstleistung haben und für ihre Kunden erstklassige Leistungen erbringen. (…) Wir übernehmen nur Aufgaben, die mit den Grundsätzen seriöser Kommunikation vereinbar sind und von deren erfolgreicher Lösung wir überzeugt sind.

(Zitiert nach: PR-Magazin 1991/1, S. 28)

Menschlich hat Günter Thiele dabei nie die Bodenhaftung verloren:

Kommunikation ist immer im Sinne einer Dienstleistung zu verstehen: Es gibt einen Absender und einen Empfänger. Daher bilden Professionalität, Systematik und Glaubwürdigkeit die Grundlage jeder Kommunikation. Zur konkreten Durchführung gehören zusätzlich Fleiß, Bescheidenheit und auch eine gewisse beraterische Demut.

(Thiele in GT-Stiftung)

Ihm werden zu aktiven Agenturzeiten Selbstdisziplin sowie Unnachgiebigkeit und Strenge, aber zum Wohle der Sache und der Gemeinschaft, nachgesagt:

Unter seiner strengen Regentschaft hat die GPRA an Ansehen gewonnen. Die Mitgliedschaft in diesem Verband ist für viele Agenturen ein Gütesiegel geworden, das es anzustreben gilt. Mit Argusaugen wacht das Präsidium darüber, dass das auch so bleibt. Als einzelne Mitglieder gegen die selbstauferlegten Regeln verstießen, sprach der Präsident persönlich die Abmahnung aus.

(PR-Magazin 1991/1, S. 27)

„Wanderer zwischen den Welten“

Günter Thiele war in vielerlei Hinsicht ein „Wanderer zwischen den Welten“, jemand, der in unterschiedlichen Welten zu Hause ist. Nicht nur zwischen praktischem Berufsleben und Wissenschaftsförderung im Pensionsalter, wie die vorstehende kurze Gesamtwürdigung nahelegt, hat er sich bewegt.

Auch innerhalb der kommunikativen Berufsrollen hat er sich vom Journalisten in seiner Jugendzeit über den Werbetexter bis zum überaus erfolgreichen PR- und Agentur-Manager alle Bereiche erschließen können, worauf das Welten-Wanderer-Zitat im Original vor allem anspielt. Thiele lebte schon früher als andere ein integratives und vernetztes Kommunikationsverständnis. Er ist einer der Berater, die (…)

(…) in allen Welten der Kommunikation sattelfest sind und die Vorteile der einzelnen Disziplinen synergetisch miteinander zu kombinieren wissen. Solche PR-Berater sind Experten für komplexe, schlagkräftige Kommunikationskampagnen und beanspruchen zu Recht Führungspositionen. (…) Imagekampagnen waren vor dieser Zeit ausschließlich Sache der Werber. Thiele und seiner ABC gelang es jedoch, die Kunden mit neuen Konzepten davon zu überzeugen, dass dieser Ansatz zu kurz griff. Und Thiele tat das mit dem Charme und der Überzeugungskraft eines Wanderers zwischen den Welten.

(Middelkamp 2002)

Weltenwanderer war er aber auch in gesellschaftspolitisch-biografischer Hinsicht. Im mitteldeutschen Industrierevier 1934 geboren, hat er dort zu DDR-Zeiten (in Halle-Wittenberg und Leipzig) studiert und als Journalist gearbeitet, ehe er 1959 in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte. Nachdem er dort die zentralen Lebensleistungen erzielte, erlebte er 1990 die deutsche Wiedervereinigung und fördert bis heute Wissenschaft vor allem in Leipzig.

 

Anmerkungen

Bildnachweis für Beitragsfoto (ganz oben): Günter F. Thiele. Quelle: GT-Stiftung (Günter-Thiele-Stiftung für Kommunikation und Management https://guenter-thiele-stiftung.de/ueber-uns/#stifter)