Fach-Wissenschaft(en) und -autoren über PR (III)
Weitere programmatisch-konzeptionelle Autoren über PR aus den 1950er-Jahren
Friedrich Mörtzsch (1900-1960) – Ingenieur, PR-Verantwortlicher bei AEG und DPRG-Mitgründer – verfasste 1956 ein viel beachtetes Buch über „Offenheit“ und die „Kunst der Meinungspflege in der amerikanischen Industrie“. Er sah über konkret-einzelorganisatorische Ziele hinaus PR-Funktionen für ganze Branchen, den gesamten Technik-Bereich und generell eine moderne konsumorientierte Zivilisationsweise, die auf technischen Errungenschaften und Hoffnungen basiert. Sozial setzte er auf „Partnerschaft“ und strebte eine auf „Goodwill“ beruhende, harmonische Gesellschaft an. Zwar seien Meinungsverschiedenheiten unvermeidlich, aber Auseinandersetzungen sollten möglichst konfliktfrei ausgetragen werden. (Siehe eigenständigen Beitrag im PR-Museum, aber auch Szyszka 2015, S. 498.)
Im PR-Museum auch enthalten ist ein Beitrag über Ernst Sodeikat (1899-1970), der als Leiter der Pressestelle eines niedersächsischen Ministeriums in den 1950ern mehrere Publikationen über „Pressearbeit“ veröffentlichte und als Pionier der Medienresonanzanalyse gilt.
Wissenschaftliche Autoren: Dissertationen über PR von 1963 und 1968
Der soziologische bzw. gesellschaftsbezogene Anspruch und Gehalt der hier nachfolgend vorgestellten Dissertationen bleibt hinter dem der Arbeiten aus den 1950ern zurück. Dies hängt vermutlich sowohl mit dem Schwinden des Neuigkeitsvorteils bei Nachfolgearbeiten als auch mit der veränderten PR-Praxis (siehe weiter vorn) zusammen.
Bauch 1963
Hansjoachim Bauch (1931-2012; siehe spezielle Unterseiten im PR-Museum) nimmt in seiner Dissertation von 1963 über „Öffentliche Beziehungspflege in Industrieunternehmungen (Public Relations)“ häufig Bezug auf Löckenhoff 1958. Bauch (S. 9) verweist auch auf dessen Argumentation, dass PR „tief in (der …) Problematik der industriellen Gesellschaft“, ihrer „Differenzierung und wirtschaftlich-technischen Eigendynamik“ sowie daraus folgender „sozialer Desintegration“, wurzele.
Für die Bundesrepublik konstatiert Bauch, „dass heute hier“ – im Unterschied zur unmittelbaren Nachkriegszeit und den 1950ern – „eine Wandlung zur freien Meinungsbildung festzustellen“ sei. Dabei sei in Nordamerika das „Vertrauen in die Marktwirtschaft (…) dort vorhandenes Allgemeingut“, wohingegen in Deutschland „zunächst die Zustimmung zu Marktwirtschaft von der Allgemeinheit“ erhalten werden müsse. (Bauch 1963, S. 13)
Schobert 1968
Frank Schobert (geb. 1941; siehe spezielle Unterseiten im PR-Museum) in seiner Dissertation von 1968 über „Wechselseitige Einflüsse zwischen öffentlicher Meinung und Unternehmung“ schreibt über „PR“ explizit nur auf einer sekundären Ebene, faktisch geht es aber um PR. Er betont dabei ihre lenkende Funktion.
Im günstigsten Fall steuert die Unternehmung aufgrund ihrer organisierten Überlegenheit über die meist amorphe Masse der Meinungsträger die Meinungsbildung in ihrem Sinne und zu ihren Zwecken (…).
(Schobert 1968, S. 222)
„Ein wenig überspitzt“ gesagt – so Schobert (1968, S. 223) –, bestehe der ideale Weg darin, dass die Unternehmung der „Öffentlichkeit durch Beeinflussung beibringt, was diese zu meinen hat, um sich dann anschließend so zu verhalten, wie es die Öffentlichkeit wünscht“. Dieser omnipotente Steuerungsanspruch wird im folgenden Satz aber ob seiner Verwirklichbarkeit relativiert: „Dies wird aufgrund der Konkurrenz der Meinungsbeeinflussung im sozialen Feld meist jedoch nur tendenziell gelingen.“ (S. 223)