Steybe 1958 (III)
Soziologische Wurzeln der Public Relations
1 Sozialgeschichte Deutschlands
Steybe (1958, S. 4ff.) sieht die Wurzeln für Public Relations in den sozialgeschichtlichen Verhältnissen des 19. Jahrhunderts, die er zunächst speziell für Deutschland betrachtet. Trotz aller ideologischen und Interessengegensätze in jener Zeit sei zu konstatieren – was Steybe mit den Worten von Carl Jantke 1957 schreibt –, dass im „Zeitalter der Revolutionen und Emanzipationen“ (…)
‘(…) die Eingliederung breiter Schichten in ein neues produktionstechnisches System nicht eine einseitige, sondern eine zweiseitige Leistung war, dass hier also Unternehmer und Arbeitnehmer, geschichtlich gesehen, bereits an einem Strang zogen (…)‘.
(Jantke, zit. nach Steybe 1958, S. 5)
„Das industrielle Unternehmen war zum Schicksal großer Teile der Bevölkerung (…) geworden“ (Steybe 1958, S. 10). Damit bekam „Freiheit“ einen neuen Sinn und neue soziale Leitbilder sowie Mentalitäten entstanden, wie „Anpassungsfähigkeit, Aufstiegswille, Selbstbewusstsein, Eigentums- und Besitztrieb“ (Jantke, zit. nach Steybe 1958, S. 11).
Ansätze der Beziehungspflege und Aufmerksamkeitserringung habe es in Deutschland also schon seit dem 19. Jahrhundert gegeben, von einer „systematischen Public-Relations-Arbeit“ könne hier aber „erst seit relativ kurzer Zeit“ gesprochen werden (S. 16). U.a. zitiert Steybe einige Quellen aus den 1920er-und 1930er-Jahren, in der der Sache nach PR behandelt worden seien, ohne den Begriff allerdings – mit Ausnahme von Hundhausen 1937/38 – „expressis verbis“ zu verwenden (S. 17). Für die Zeit nach 1945 würdigt Steybe (1958, S. 19) neben Carl Hundhausen Herbert Gross, aber auch Friedrich Mörtzsch. Recht ausführlich geht er auch auf die Aktivitäten im Berufsfeld der 1950er-Jahre ein (bis S. 22).
2 Sozialgeschichte der USA
„Public Relations haben in den USA einen anderen soziologischen Ausgangsort als in Deutschland“, beginnt Steybe (1958, S. 12) seine diesbezügliche Darstellung über die USA. Zu den konkreten Ursprüngen referiert er mehrere Autoren mit unterschiedlichen Erklärungen, u.a. L. Kroeber-Kenneth 1957. Dort beispielsweise werde auf die „Zeit der großen Landnahme“ zurückgegangen:
Bei der Niederlassung der Pioniere seien ziemlich gleichzeitig Kirche, Schule, Rathaus, Drugstores und hier und dort auch die ersten Manufakturen als Vorläufer der Industrie entstanden. Hinzu komme jenes unbefangen strömende Mitteilungsbedürfnis, das wahrscheinlich im Laien-Predigeramt des Puritanismus wurzele.
(Steybe 1958, S. 12)
Bei der weiteren Darstellung der US-Entwicklung heißt es dann über die 1920er-Jahre, dass in jenem Jahrzehnt „die Meinungspflege, vermutlich der Prosperität wegen, zunächst in Vergessenheit“ geriet. Aber „(w)ährend der Zeit der Wirtschaftskrise wurde ihre Bedeutung und Notwendigkeit jedoch rasch wiedererkannt“, schreibt Steybe (S. 13) unter Bezug auf eine Schweizer Dissertation von Emil Greber 1952.
Langanhaltende Streiks sowie die Abneigung großer Teile der Öffentlichkeit gegenüber den mit Riesengewinnen arbeitenden Großbetrieben und Banken zwangen zu Sofortmaßnahmen. Dabei zeichneten sich vor allem die Banken durch eine geschickt betriebene Pflege der Beziehungen zur Öffentlichkeit aus.1 Doch nicht nur die Beziehungen zur Öffentlichkeit, sondern auch die Beziehungen der Unternehmen zu ihren Mitarbeitern wurden in dieser Zeit einer Revision unterzogen. Wissenschaftliche Institute und Universitäten wurden zur Mitarbeit herangezogen und widmeten sich in großzügig angelegten Untersuchungen diesen Problemen.
(Steybe 1958, S, 13f.)
Verweis auf den zweiten Teil
Mit dem Abschluss der Behandlung von Hans Steybes Dissertation von 1958 unter dem Titel „Public Relations. Aufgaben und Probleme der Öffentlichkeitsarbeit in deutschen Unternehmen“ endet auch der erste Teil unserer Abhandlung.
Die weiteren Promotionsschriften von Bauch (1963), Schobert (1968) und Skowronnek (1979) werden im zweiten Teil referiert und kommentiert – siehe dort.