Ludemann 1952 (III)
„Publizitätsinstituts-Partnerschaftspflege“: (verdiente) Publizität vs. (bezahlte) Werbung
„Publizität“ oder „publicity“ sieht Ludemann (1952, S. 104) als Gegenstück zur „bezahlten Bekanntgabe“, also zur „Werbung (… im) engeren Sinne“. Publizität schließe mithin (…)
(…) alle Vorbereitungen zu Veröffentlichungen und die Veröffentlichungen selbst ein, welche der Partnerschaftspflege fremder Unternehmen dienen und von Betrieben (also journalistischen Medienunternehmen – T.L.), die ihrem Hauptzweck nach Mitteilungen sammeln und verbreiten, wiedergeben werden, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen.
(Ludemann 1952, S. 104)
Die „moderne Publizität“ – im Unterschied zu unseriösen historischen Vorformen noch bis ca. 1900 (S. 104f.) – beruhe auf der freien Entscheidung von Medienmitarbeitern, die die Unternehmens-Mitteilungen „nur dann wiedergeben, wenn sie deren Inhalt als für ihr Streufeld bemerkenswert halten“ bzw. sich auf „das wachsende öffentliche Interesse an jedem einzelnen Betrieb“ beziehen (S. 105). Aus der systematischen Übersicht über betriebliche Publizität und ihre Anwendung („schwächer überwachbare“ und „stärker überwachbare Publizität“) geht auch hervor, dass die „Unterstützung der Reporter bei der Auffindung von Tatsachen“ eine mögliche Form sein kann (S. 118).
Damit beschreibt Ludemann das, was man heute als PR im engeren Sinne bzw. als moderne Presse- und Medienarbeit bezeichnen würde, die sich als Partner des Journalismus sieht.
Interessante Beiträge zur PR-Geschichte
1 Vereinigte Staaten von Amerika
Die „Entwicklungslinien der eigentlich betrieblichen Partnerschaftspflege“ in den USA fingen – so Ludemann 1952, S. 32ff. – „mit dem Ende des Bürgerkriegs (1865) an“. Bis zur Jetztzeit (also 1952) seien drei Stufen auszumachen, die vergleichsweise ausführlich und mit vielen Namen sowie Entwicklungen dargestellt werden. Gerade weil durch den Fokus „Partnerschaftspflege“ historische Daten referiert werden, die teilweise in gängigen „PR-Geschichten“ nicht vorkommen (das gilt auch für die Darstellung der deutschen Entwicklung), ist dies ein nicht zu unterschätzender Teil der Dissertation.
Wir können und wollen hier nur wenig herausgreifen. Von 1919 bis 1928 terminiert der Autor die zweite Stufe (S. 35f.). Diese sei durch die „Soziale Technik (social engineering)“ und durch „neue Methoden der Werbung wie der Publizität gekennzeichnet“ (S. 35).
Die dritte Stufe in den USA lässt Ludemann 1929 beginnen:
Hatte die Regierung gesehen, dass das Unternehmen, vor allem größeren Stils, für die Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs verantwortlich zeichnete, so musste sie es auch für die Krise von 1929 schuldig betrachten. Vornehmlich auf Betreiben F. D. Roosevelts und General Johnsons schuf sie daher vorläufig eine gewisse Aufsicht über die Wirtschaft, regte für die Zukunft jedoch eine weitgehende Selbstverwaltung von Betriebsleitenden, Gewerkschaften und ähnlichen Stellen an.
(Ludemann 1952, S. 37)
Viele Betriebe „bauten(…) die alten Ansätze nach und nach zu einer reineren Partnerschaftspflege aus, welche sämtliche Kreise geistig und materiell teilhaben lassen will“ (S. 37).
2 Deutschland
Die deutsche Entwicklung der betrieblichen Partnerschaftspflege habe 1848 angefangen und „mag in drei Stufen eingeteilt werden“ (Ludemann 1952, S. 40). Bis 1918 sei der „Herr-im-Hause-Standpunkt“ weit verbreitet gewesen. Von 1919 bis 1933 habe es viele Gegenströmungen gegeben, mit der Einführung der politischen Demokratie bis hin zu „Wirtschaftsdemokratie durch Teilverstaatlichungen und Betriebsräte“ (S. 42).
Die dritte Stufe fasst Ludemann (1952, S. 44) von 1933 bis heute (also 1952) – was durch die Fokussierung auf den „Betrieb“ und kommunikativ-mediale Entwicklungen wenigstens halbwegs verständlich erscheint: „Verstärkung oder Einbeziehung werblicher und publizistischer Techniken“, etwa „durch den Betriebsfunk, die Hauszeitschriften, das Vorschlagswesen und die Arbeitsraumgestaltung“. Während des Zweiten Weltkrieges sei von „werbende(r) Führung im Betrieb“ oder „innerbetriebliche(r) Werbung“ gesprochen worden. Immerhin erwähnt Ludemann die „staatspolitische Hinstimmung der Leitenden und Mitarbeiter auf die kriegsbedingte Steigerung der Anstrengungen“ (S. 44) und bringt dazu auch ein entlarvendes Zitat aus einer Fachzeitschrift von 1942.
Für die Zeit nach 1945 konstatiert Ludemann, dass deutsche Wissenschaft und Praxis wieder verstärkt Auslandskontakt haben. „Mithin bauten sie ihre bisherigen partnerischen Ansätze aus“. Aber leider lägen „wissenschaftliche Werke über die gesamte Partnerschaftspflege in deutscher Sprache noch nicht vor“. Allerdings gäbe es Teilabhandlungen (u.a. bei Hundhausen, Gross u.a.). (S. 45) An praktischen Aktivitäten nennt der Promovend u.a. die Demoskopie-Institute IfD Allensbach und Emnid Bielefeld („gewerbsmäßige Erkundung der Anschauungen von Partnern“) und Hochschulen bzw. Institute zur „politischen Grundlagenforschung“ (S. 47).