Ludemann 1952 (I)

Vorbemerkungen

Abb.: Titel der Dissertation von Everhard Ludemann aus dem Jahre 1952 im klassischen Schreibmaschinen-Look. Sie ist u.a. in der Deutschen Nationalbibliothek ausleihbar.

Der Kaufmannssohn und schließliche Diplom-Kaufmann sowie staatliche Dolmetscher Everhard Ludemann1 hatte sein Dissertationsthema 1949 vorgeschlagen, nachdem er während seines Aufenthaltes in den USA von 1943 bis 1946 in Berührung mit der „betrieblichen Partnerschaftspflege“ oder „business public relations“ gekommen war. Mit seiner Promotionsschrift beabsichtigte er, die „Grundlagen, das Wesen, die Entwicklungslinien und die gegenwärtigen Techniken der Partnerschaftspflege“ zu durchleuchten und dabei „die amerikanischen und deutschen Züge des Gebiets zu verschmelzen“.

Die Dissertation umfasst ca. 260 Schreibmaschinenseiten. In der längeren Einleitung behandelt der Promovend die Grundlagen „allgebildlicher und betrieblicher Partnerschaftspflege“ (S. 1ff. – zur Terminologie siehe unten). Der Hauptteil firmiert unter „Anwendung betrieblicher Partnerschaftspflege“ und befasst sich mit den „Mitteln“, „Arten“ und der „Organisation“ derselben (S. 49-233). Ein „Schluss“ thematisiert „berufsmäßige Partnerschaftspfleger“ (S. 234-256). Der Anhang enthält u.a. eine „Auswahl“ von Definitionen des „Begriffs ‚Partnerschaftspflege‘ (public relations)“. Die Begrifflichkeit erscheint aus heutiger Sicht gewöhnungsbedürftig, immerhin signalisiert aber der – bereits im Titel der Arbeit – in Klammern gesetzte Terminus „(business) public relations“ thematische Relevanz. „Partnerschaftspflege“ ist für ihn offensichtlich ein geeignetes deutsches Synonym für Public Relations, auch wenn sich das später so nicht durchgesetzt hat.

Public Relations alias Partnerschaftspflege

Abb.: Titel eines amerikanischen Fachbuches über PR von Bronson Batchelor. New York & London: Harper & Brothers Publishers, 2. Aufl. 1938.

Ludemann (1952) vermittelt in der Arbeit sein Verständnis des Begriffes „Public Relations“, eine Reihe von (amerikanischen) Definitionen anderer Autoren dokumentiert er im Anhang. So finden sich dort (ins Deutsche übersetzte) Begriffserklärungen von Batchelor (Profitable Public Relations, New York 1939), Burnett (You and Your Public, New York und London, 1947), Harlow und Black (Practical Public Relations, New York 1947) u.a.

Der Ausdruck „public relations“ habe sich in „Deutschland und in anderen Staaten Europas“ „seit etwa 1948“ verbreitet. In der „englischsprachigen Welt“ werde der Begriff „von vielen bekrittelt“, weil er „zu weitschweifig“ sei und „schlechtweg einen Zustand zwischenmenschlicher Wechselwirkungen“ meine, „ohne anzugeben, wie sie verbessert werden sollen“ (S. 28). Innerhalb der Arbeit betont der Doktorand mehrmals, dass unter „‘public relations‘ – abgekürzt ‚P.R.‘ – ‚Beziehungen zur Öffentlichkeit‘“ auch „die ‚public‘ oder Teilöffentlichkeit der Mitarbeiter“ gehöre (S. 24).

Abb.: Auszug aus dem Vorwort zur Dissertation von Ludemann 1952. Aus den genannten Betreuern bzw. Unterstützern der Arbeit lässt sich auch die gute Berücksichtigung damaliger amerikanischer Aufassungen und Quellen schließen.

„(B)usiness public relations“ oder „betriebliche Partnerschaftspflege“ stimmen „die äußeren und inneren Beziehungen, welche die Menschen und ihre Vereinigungen im Zusammenhang des Unternehmens haben, auf eine Gesamtarbeitsaufgabe hin ab(…)“ (S. 25f.).

Ein richtiges PR-Verständnis dürfe schließlich weder „die zwischenmenschlichen Beziehungen außerhalb der Produktions- oder Handelsstätte“ noch die in ihrem Innern“, weder das „Werbhaft-Publizistische“ noch die „restlichen Gestaltungsmittel(n)“ überschätzen. „Einen derartigen Ausgleich bringt vielleicht das Wort ‚Partnerschaftspflege‘“, so Ludemann (1952, S. 29).

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Ludemann wurde 1922 geboren und studierte bis zum Sommersemester 1941 Wirtschaftswissenschaften und neuere Sprachen an der Universität Köln. Die Kriegszeit als Soldat in Afrika führte ihn in amerikanische und englische Kriegsgefangenschaft bis 1947. „Zwei dieser Jahre arbeitete ich in einem amerikanischen Unternehmen. Während meiner freien Stunden vertiefte ich mich in die betriebliche Psychologie, Soziologie und Sozialpolitik. Mit einer derartigen Erweiterung der Grundlagen konnte ich an Lehrgängen der Universität Chicago teilnehmen, die über allgemeine Partnerschaftspflege und besondere Mittel wie Werbung, Publizität und Nachrichtentechnik abgehalten wurden.“ Dabei erhielt er die Abschlussnote „gut“. Nach der Rückkehr nach Deutschland arbeitete er im elterlichen Betrieb mit und studierte in Köln weiter bis zu den Abschlüssen 1949/50. „Vor- und nachher befasste ich mich (…) vor allem mit Werbung in dem einschlägigen Institut, das Herr Professor Dr. R. Seyffert leitet.“ (Ludemann 1952, Lebenslauf)

Es spricht viel (Vorname, Alter) dafür, dass der 1922 geborene Diplom-Kaufmann und Doktor Ludemann mit dem 1973 verstorbenen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH identisch ist. Einen eindeutigen Beleg dafür fanden wir aber noch nicht.

Tode Ludemann 1973 aus Die Ballhupe 4 73 S. 25

Abb.: Mitteilung über den Tod von Herrn Dr. rer. pol. Everhard Ludemann 1973. In: Die Ballhupe. Nachrichtenblatt des Bundesverbandes der Motorradfahrer e.V. Jg. 1973, Heft 4. S. 25.