Kriegsende und Neubeginn

Kriegsende und Verhaftung

Ronnebergers Dienststelle wurde 1944 aus Sicherheitsgründen ins steiermärkische St. Lambrecht verlegt. Dort wurde Ronneberger am 30. Mai 1945 von Angehörigen der britischen Streitkräfte verhaftet. Später wurde er in Sandbostel bei Bremervörde interniert. Die Entnazifizierung Ronnebergers übergab die britische Besatzungsmacht dem Spruchgericht Stade, wo ab Mai 1947 wegen „Zugehörigkeit zu einer für verbrecherisch erklärten Organisation“ gegen ihn ermittelt wurde.

Die am 10. August 1947 erhobene Anklage stützte sich – wie Heinelt (2002) anhand von Spruchgerichtsakten schreibt – ausschließlich auf Ronnebergers eigene Aussagen und die der von ihm benannten Zeugen. Seine schriftlichen Äußerungen aus der Zeit des „Dritten Reichs“ standen nicht zur Diskussion – und das, obwohl er selbst während des Prozesses auf einige seiner Publikationen verwies.

Ronneberger gelang es wohl im Verlauf des Verfahrens, sich als unpolitischen, von einer „Arbeitspsychose“ befallenen Wissenschaftler darzustellen, der lediglich unter dem Druck der Verhältnisse einige Kompromisse mit dem NS-Regime eingegangen war.

Obwohl er nach vorangegangenem Freispruch schließlich im Revisionsverfahren 1948 „wegen Zugehörigkeit zur SS in Kenntnis von deren Verbrechen“ zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, galt er dem Gericht weiterhin als ein „lediglich [in] seinen Forschungen und wissenschaftlichen Arbeiten lebender Mann, der zwar mit der Politik vom wissenschaftlichen Sektor her betrachtet nicht unerheblich in Berührung gekommen ist, der sich jedoch mit außerhalb seiner Forschungen liegenden Dingen nicht näher befasst hat.“ (Heinelt 2002, S. 92-111)

Neubeginn bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung

Im Jahr 1948 gelang es Ronneberger, über einen früheren Mitarbeiter (Werner Seydlitz) einen Kontakt mit Erich Brost, dem Herausgeber und Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) herzustellen. Ronneberger wurde als Leiter des Redaktionsarchivs engagiert (Ronneberger 1989, S. 172). Dort blieb er die folgenden zehn Jahre als Leiter des Ressorts Dokumentation, als Wissenschaftsredakteur, Kommentator und Ausbilder der Volontäre tätig.

Ronneberger zeigte sich nach wie vor „wissenschaftlich ambitioniert“. Ab 1952 lehrte er Staatsrecht und Soziologie an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Industriebezirk in Bochum. Dort entstand die Idee zu seinem Buch „Die Soziologie“, das er 1958 unter dem Pseudonym Stefan Lambrecht veröffentlichte. Es wollte ein „Leitfaden für Praxis und Bildung“ sein, wandte sich also nicht an Wissenschaftler, und fand bei Zeitgenossen Anerkennung.1 Bis 1963 erschienen drei Auflagen.

Autor(en): G.D.G.BE.

Anmerkungen

1 Vgl. u. a. Weber, Markus: Schritte aus dem Schatten. (Zur Geschichte des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Wiener Universität). In: http://dreip.wordpress.com/ipkw/ (Blog) (Abruf am 3. April 2012). Das Pseudonym ist wohl dem Ort St. Lambrecht in der Steiermark geschuldet, in dem er ab 1944 arbeitete (G.BE.).