Franz Ronneberger

Von 1913 bis 1999

Abb.: Franz Ronneberger. Quelle: privat

Franz (Karl Konrad) Ronneberger war ein deutscher Jurist, Politik- und Kommunikationswissenschaftler. Er wurde am 15. März 1913 in Auma (Thüringen) geboren und starb am 30. März 1999 in Nürnberg (Bayern). Er hat große Verdienste um die inhaltliche und strukturelle Entwicklung der Kommunikationswissenschaft in Deutschland; wichtige und frühe Impulse setzte er auch für die deutschsprachige PR-Forschung. Jedoch gilt Ronneberger durch seine Tätigkeit für das politische und militärische System des Nationalsozialismus auch als moralisch und ideologisch belastet.

Zwei Zitate sollen den Einstieg in die Biografie von Franz Ronneberger erleichtern:

Südosteuropa ist kein Gebiet, das die Voraussetzungen einer eigenen, in sich geschlossenen Ordnung in sich birgt, sondern dessen ganze Stärke und Bedeutung in der Ergänzung einer größeren, durch das deutsche Reich stabilisierten Ordnung liegt.

SS-Untersturmführer Franz Karl Konrad Ronneberger (NSDAP), Chef des Nachrichtendienstes der „Südosteuropagesellschaft“ (SOEG), 1941.

Und:

PR ist das, was PR tut. Kurz und bündig. Es lässt sich nicht weiter definieren. […] PR ist ein Versuch, um Vertrauen zu werben, überall wo Vertrauen in unserer pluralistischen Gesellschaft gebraucht wird, um überhaupt eine Möglichkeit zu schaffen, dass die vielen Interessen, die in so einer Gesellschaft aufeinander treffen, einigermaßen miteinander auskommen können.

Prof. Dr. Franz Ronneberger, Universität Erlangen-Nürnberg, im ORF-Nachtstudio, 1992.

Gesellschaftspolitische Brüche und biografischer Wandel

Zwischen diesen beiden Zitaten stehen 50 Jahre im Leben des Franz Ronneberger: Eines Mannes, der sich vom Thüringer Handwerkersohn aus einfachsten Verhältnissen zum gefragten Nachrichtenbeschaffer und Spion der Nationalsozialisten in „Südosteuropa“ entwickelte und der nach dem Zweiten Weltkrieg wie ein Phönix aus der Asche zum angesehenen Kommunikationswissenschaftler und Universitätsprofessor aufstieg. Franz Ronnebergers Biografie ist voller Wandlungen und Widersprüche, zu deren Aufklärung er selbst nur bedingt beigetragen hat.1 Dennoch ist auch eine kritisch-politische Auseinandersetzung mit seiner Person geboten und auch bereits teilweise in der Fachliteratur erfolgt (vgl. Duchkowitsch/Hausjell/Semrad 2004 und Heinelt 2003, S. 130-188), gilt er doch vielen als ein Begründer der wissenschaftlichen PR und Wegbereiter der modernen Kommunikationswissenschaft in der alten Bundesrepublik (u.a. Junghänel 2001).2

Abb.: Franz Ronneberger, Carl Hundhausen und Albert Oeckl (v.l.n.r.) bei einer Tagung der Deutschen Public Relations Gesellschaft in Frankfurt/Main, Hotel Intercontinental, Mai 1976. Quelle: Privat-Archiv Prof. Dr. Manfred Rühl, Nürnberg.

Franz Ronneberger gehört damit neben Albert Oeckl und Carl Hundhausen zu den herausragenden PR-Persönlichkeiten im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Sie waren biografisch ähnlich von den gesellschaftspolitischen Brüchen des Jahrhunderts betroffen, wenngleich es auch Unterschiede zwischen ihnen gab. So zählte Ronneberger vor 1945 nicht wie Hundhausen oder Oeckl zur wirtschaftlichen, sondern zur politischen und akademischen Elite (Heinelt 2003, S. 192). Nach 1945 verkörpern die PR-Auffassungen von Ronneberger einen deutlich höheren Grad an Wissenschaftlichkeit als die von Albert Oeckl, teilweise auch als die von Carl Hundhausen, wobei vor allem Letzterer für seine Akademisierungsbemühungen der PR-Branche in Ronneberger einen geeigneten Partner fand.

 

Autor(en): G.D.G.BE.T.L.

Anmerkungen

1 Ronneberger hat allerdings seit den siebziger Jahren für einen kleineren Kreis (Familienangehörige, Freunde, Schüler) ca. 500 Seiten „Erlebnisse und Betrachtungen“ – als eine Art Autobiographie – geschrieben, in der er sein Leben, darunter auch seine Karrierejahre während der Zeit des Nationalsozialismus und auch ausführlich seine Beziehungen zum Nationalsozialismus schildert. Diese Autobiographie, die er bewusst nicht publiziert hat (siehe Abb. unten), wurde 1989 – Ronneberger war damals 73 Jahre alt – für diesen kleinen Kreis zugänglich gemacht. Das Manuskript (zitiert als Ronneberger 1989) ist mir (Günter Bentele = G.BE.) von Manfred Rühl vor vielen Jahren, nach dem Tod Ronnebergers, zugänglich gemacht worden und wird in den bisherigen, kritischen Publikationen zu Ronneberger nicht verwendet. Es sollte auch für die zukünftige Forschung herangezogen werden, weil es doch einige Fragen nicht nur anspricht, sondern auch klärt, die für diejenigen, die nach 1945 geboren wurden, die also das politische System des Nationalsozialismus nicht aus eigenem Erleben kennen, bisweilen nur schwer verständlich sind.

Abb.: Titelblatt

Abb.: Titelblatt der nicht publizierten Autobiographie: Ronneberger, Franz (1989): Erlebnisse und Betrachtungen, Band I und II (insgesamt 514 Seiten). Nürnberg: unveröffentlichtes, maschinenschriftliches Manuskript.

 

2 Wolfgang Langenbucher, ein wichtiger Vertreter der deutschen Kommunikationswissenschaft vor allem der siebziger, achtziger und neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts, bezeichnete Ronneberger als „Chamäleon“ und zwar „ganz und gar positiv gemeint“. „Er war ein Innovationsmotor für das Fach wie sonst keiner seiner Generation.“ An anderer Stelle: „Er war derjenige, der Niklas Luhmann als erster rezipiert hat.“ In: Duchkowitsch/Hausjell/Semrad 2004, S. 33 und 31. Manfred Rühl charakterisierte ihn in dem Band „Kommunikationswissenschaft autobiographisch“ (Kutsch/Pöttker 1997) sehr treffend als „Wegemeister einer interdisziplinären Kommunikationswissenschaft“ (vgl. Ronneberger 1997).

 

Bildnachweis Beitragsfoto (ganz oben): Franz Ronneberger. Quelle: privat.