Reflexionsgeschichte von PR in der NS-Zeit I
Fachdebatte und -verständnis sowie Begrifflichkeit in der NS-Zeit
Diskussion unter Fachleuten
Im begrenzten Maße fand in der NS-Zeit eine Fachdebatte über Public Relations (PR) statt. Carl Hundhausen berichtete 1937 (Nr. 19, S. 1054) in der Zeitschrift Deutsche Werbung über einen „Reklamekongress für Werbefachleute der Banken in USA“ vom 13. bis 16. September 1937 und verwendete dabei in Titel und Text den Begriff Public Relations.1 Dies galt lange Zeit als erste Begriffsverwendung von PR in Deutschland (der PR-Begriff ist – wie übrigens auch der Begriff Öffentlichkeitsarbeit – im deutschsprachigen Raum allerdings schon vor 1933 nachweisbar – vgl. dazu einen weiteren Beitrag im PR-Museum). Kurze Zeit später, 1938 (Nr. 1, S. 48-61) schrieb Hundhausen in der Zeitschrift für Betriebswirtschaft einen zweiten Beitrag über Public Relations.
Noch im Kriegsjahr 1940 diskutierte man über Aspekte der Unternehmens- bzw. Organisationskommunikation – einschließlich den PR-Begriff –, woran sich auch wiederum Hundhausen (1940, S. 69f.) beteiligte.
Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus dieser Diskussion über Begriff und Konzept der „Public Relations“ – und ihren etwaigen Neuigkeitswert – ziehen?
Was ist an PR neu?
Erstens: In PR wurde konzeptionell-programmatisch nichts grundsätzlich, allenfalls graduell Neues gesehen. Von der Sache her glaubte man in Deutschland über eine entwickelte Praxis der Unternehmenskommunikation zu verfügen – also brauchte man auch nicht diesen „neuen“ amerikanischen Begriff. Die klassische deutsche Begrifflichkeit für Öffentlichkeitsarbeit leistende Stellen („Pressebüros“, „literarische Büros“ …) schien ausreichend. Mit den Worten von Hundhausen:
Wenn man diese Fülle von Überlegungen betrachtet, dann kann man nicht gerade sagen, dass sie neu sind. Man kann auch nicht gerade sagen, dass sie für die deutschen Industrieunternehmungen, die ja alle Werbeabteilungen, Pressebüros, literarische Büros oder besondere Mitarbeiter haben, neu sind. (…)
(Hundhausen 1938, S. 60)
Zweitens: Alle Aussagen über PR erfolgten im Kontext von Werbung und – wie man heute sagen würde – Marketing. Dies entspricht der grundsätzlichen Einschätzung von Lange – die auch im Geleitwort von Bentele herausgestellt wird –, dass Öffentlichkeitsarbeit in den 1920er-/1930er-Jahren in Deutschland primär als „passive“, „unbewusste“ oder „sekundäre“ Reklame bzw. Werbung aufgefasst wurde (Lange 2010, S. VII, 22 u.a.).