Realgeschichte von PR in der NS-Zeit I

Realgeschichte von PR in der NS-Zeit: zentrale Ergebnisse kurz und knapp

Generalbefund: auch in der NS-Zeit gab es eine Praxis der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Generalisierende, aber dennoch faktengestützte Darstellungen zur PR-Geschichte während der NS-Zeit liefern u.a. primär realhistorisch Lange 2010 oder theorie- bzw. reflexionsgeschichtlich Liebert 2003 (insbesondere S. 82-85, 100-105, 115-121). Im PR-Museum finden Sie (Stand 2018) Beiträge zur Kommunikation der Autoindustrie unter besonderer Berücksichtigung der rennsportbezogenen PR zwischen 1933 und dem Kriegsbeginn.

Abb.: Kommunikationsarbeit einer lokalen Bezirks-Sparkasse im unterfränkischen Ochsenfurt anlässlich eines Umzuges in den 1930er-Jahren (wahrscheinlich zum Maifeiertag). Foto: Paul Walde (1899-1970). Quelle: Wikimedia Commons, als Public Domain erklärt.

Lange kommt in seiner preisgekrönten Magisterschrift (als Buch 2010, S. 88), die auch von Szyszka in Fröhlich/Szyszka/Bentele (2015, S. 494f.) referiert wird, zu folgendem Schluss: „(D)er Handlungsraum unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit (veränderte sich) nach dem Regierungswechsel 1933 weder schlagartig, noch umfassend, sondern (nur – T.L.) schrittweise, in unterschiedlich starkem Maße und auf verschiedenen strukturellen Ebenen.“

Realgeschichte von PR in der NS-Zeit: Relativierungen des Generalbefundes

Abzirkeln von Kommunikationsbereichen: für PR blieb kein Platz

Woraus ergaben sich solche Einschränkungen? Eine Reihe gesetzlicher Neu- oder Erstregelungen des NS-Regimes auf dem Gebiet der öffentlichen Kommunikation (Schriftleitergesetz von 1933, Etablierung Werberat etc.), die aber teilweise auf Diskussionen aus der Weimarer Zeit reagierten, zirkelten die Kommunikationsbereiche „sauberer“ ab. „Die strikte Aufteilung der Zeitungsinhalte in Journalismus und Werbung ließ – jedenfalls offiziell – keinen Platz für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit als einen eigenständigen, dritten Kommunikationsbereich.“

Beschneidungen und Beschränkungen

Abb.: Titel der Publikation von Liebert 2003.

Mit bürokratischen Anordnungen wurden zudem – quasi zur „Qualitätssicherung“ des Journalismus – bestimmte Instrumente der unternehmerischen bzw. organisationellen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit diskreditiert (wie die „druckfertige Pressemitteilung“) und/oder beschnitten1 sowie Publikationswünsche in den zu bezahlenden Anzeigenteil verwiesen. (Liebert 2003, S. 83, 85) Dies war einerseits Ausdruck des ganzheitlich-totalen Planungs- und Gestaltungsanspruchs der Nationalsozialisten, diente andererseits aber auch dazu, der eigenen Propaganda „Vorfahrt“ zu gewährleisten und dafür die medienwirtschaftlichen Voraussetzungen zu sichern.

Der Drang des NS-Regimes, Kommunikationsbereiche „abzuzirkeln“ und Grenzen „sauber“ zu regeln, also „Ordnung“ im Kommunikations- und Mediendickicht zu schaffen, fand nicht nur vor 1945, sondern auch danach noch seine Bewunderer. Harry Damrow von der Hoechst AG, ein „führende(r) Verbandsfunktionär der bundesdeutschen Werbewirtschaft“, urteilte 1981 in seinen Memoiren: „In der Politik hat der Nationalsozialismus mit Lügen und Halbwahrheiten gearbeitet – dagegen in der Wirtschaftswerbung Klarheit und Wahrheit und faire Spielregeln für alle Beteiligten wiederhergestellt.“ (Zit. nach Rücker 2000, S. 359)

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Solcherlei Beschneidungen zeigten sich u.a. darin, dass sich Pressearbeit – hier an einem Beispiel aus der Filmwirtschaft 1934 – strikt auf die eigene Firma zu beziehen hatte. Die Reichsfilmkammer verfügte am 21.6.1934: Die Versendung von Nachrichten an die Presse mittels „vervielfältigte(r) Korrespondenznotizen“, welche „auf Gesamtbelange des deutschen Filmwesens Bezug haben, also nicht bloß die eigene Firma und deren Erzeugnisse bzw. Belange betreffen, ist unzulässig.“ (Dok. in: Sösemann 2011 Bd. 1, S. 251) Hiermit wollte sich offensichtlich die Kammer Eingriffe in ihre Deutungshoheit verbitten.