Verlegerisch-journalistische „Gegensicht“ (= zweite Perspektive auf PR)

Medien wollten vor allem Anzeigeneinnahmen

Abb.: Die Presse ist auf Werbeeinnahmen angewiesen. Zeitungsanzeige zur Eröffnung des ersten eigenen Ladens von Max Grundig (15.11.1930), also „Medienwerbung für Medien“. Quelle: Wikimedia Commons / Sammlung Superikonoskop. Ursprünglich aus: Alexander Mayer: Grundig und das Wirtschaftswunder. Erfurt 2008. S. 11. Rundfunkmuseum Fürth u. Max-Grundig Stiftung (ausdrückliche Genehmigung liegt Superikonoskop vor, jegliche Nutzung freigegeben).

Inwieweit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sich als professionell eigenständiger Tätigkeitsbereich würde durchsetzen können bzw. als solcher anerkannt werden würde, musste auch von den Journalisten und Medieninstitutionen – als zentrale Adressaten der Unternehmens- bzw. Organisationskommunikation – abhängen. Den Verlegern – in einem privatwirtschaftlich organisierten, auf monetären Gewinn abzielenden Mediensystem – musste daran gelegen sein, möglichst viele Produktinformationen und unternehmerische Publikationswünsche in den bezahlten Anzeigenteil zu verweisen, denn dies erhöhte die Einnahmen des Verlags.

Wenn Medienunternehmer und Journalisten in der Zwischenkriegszeit für eine „reinliche Scheidung von Text- und Anzeigenteil“ und damit häufig auch gegen eine im heutigen Sinne seriöse Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Wirtschaftsunternehmen auftraten, so zeugte das auch oder gar in erster Linie von verlegerischem Eigennutz (bzw. den Interessen von Journalisten an sicheren Arbeitsplätzen). Das bipolare Trennungsgebot von redaktionellem und Anzeigen-Teil1 bot dafür eine prinzipielle und ethische Argumentationsbasis.

Verlags- und gesellschaftliche Interessen nicht deckungsgleich

„Werbepapst“ Mataja wies allerdings schon 1920 (S. 300) darauf hin, dass bei der Beurteilung der Seriosität von Pressearbeit die Position der „Zeitung“ (als Verlagsunternehmen) nicht die allein maßgebende sein könne. „Selbstlos und uneigennützig auf empfehlenswerte Waren usw. aufmerksam zu machen“, „mag dem geschäftlichen Vorteil der Zeitung widersprechen“, müsse aber nicht unbedingt „ihre Pflichten gegen die Leser“ verletzen. Oder kurz und knapp:

Der Ausschluss aller Mitteilungen aus dem Journalismus, …

(…) die irgendwelche Reklame“ für Waren oder Institutionen enthielten, könne weder erwartet noch begehrt werden. „Nachrichten von allgemeiner Bedeutung, wohl verdiente Empfehlungen, die vorzubringen den Bedürfnissen der Leser entspricht, lassen sich nicht verhindern, sollen nicht verhindert werden.

(Mataja 1920, S. 300)

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Liebert 2013a.