PR von Behörden (= drittes Praxisfeld)

Organisiertheit

Die Organisation des „amtlichen Pressedienstes“ habe sich in der Nachkriegszeit „ständig vervollkommnet“, sie sei „immer engmaschiger geworden“, stellte ein Lexikon von 1931 fest.

Heute verfügen nicht nur die Zentralstellen, sondern auch die Provinzial- u. Bezirks-, die Post- u. Reichsbahn-, die Justizbehörden usw. über P(resse)ämter u. P(resse)stellen.

(Cramer 1931, Sp. 370)

„Am einheitlichsten u. fortgeschrittensten“ sei der „kommunale P(resse)dienst“, heißt es im eben zitierten Lexikon weiter (Sp. 371).

Abb.: Walter Zechlin (rechts) als Reichspressechef 1926, links Staatssekretär Karl von Schubert. Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-00479A, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en

Wir hier im PR-Museum halten spezielle Beiträge zum „Reichspressechef“ Walter Zechlin, zur Öffentlichkeitsarbeit der Reichszentrale für Heimatdienst, der Länder und der Kommunen in der Weimarer Republik vor. Einen konkreten Eindruck von der umfangreichen und vielfältigen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einer Institution nach dem Ersten Weltkrieg vermittelt unser Museumsbeitrag über die Leipziger Messe in der Zwischenkriegszeit.

Beispiel kommunale Öffentlichkeitsarbeit

1922 betrug die Zahl städtischer Nachrichten- und Presseämter mindestens 56, im Jahre 1927 besaßen von den 90 Städten über 50.000 Einwohner immerhin 65 ein solches Amt.1 Das kommunale Nachrichtenamt der Stadt Leipzig beispielsweise betrieb in der Zeit der Weimarer Republik einen Ratspressedienst, der im Jahre 1927 immerhin aus „rund 2.200 Pressemitteilungen und amtlichen Bekanntmachungen“ bestand – nicht mitgerechnet gelegentliche direkte Mitteilungen einzelner städtischer Fachämter an die Presse (Verwaltungsbericht Leipzig 1927, S. 16). Das Nachrichtenamt der Stadt Nürnberg, seit 1922 dem Statistischen Amt angegliedert, gab zwischen 1922 und 1932 jährlich zwischen 1.100 und 1.500 Mitteilungen für die Presse heraus.2

Damit erschöpfte sich amtliche Pressearbeit also längst nicht mehr im eher drögen, juristisch-bürokratischen Genre „amtlicher Bekanntmachungen“ oder im Instrument „Amtsblatt“. Vielmehr hatte sie sich auf die medial-journalistischen Bedürfnisse eingestellt. Der Verwaltung leitete das Amt über das Jahr 1926 „rund 40.000 Ausschnitte aus 6 hiesigen und 17 auswärtigen Zeitungen“ zu (Verwaltungsbericht Leipzig 1926, S. 16f.).

Beispiel Pressekonferenzen

Das städtische Leipziger Nachrichtenamt lud im Jahr 1926 zu „14 Pressebesprechungen“, so die dort gewählte Bezeichnung, ein. Hinzu kamen „Pressebesichtigungen“ in städtischen Betrieben oder zur Eröffnung von Ausstellungen. (Verwaltungsbericht Leipzig 1926, S. 16f.) Die Stadt Nürnberg veranstaltete Pressekonferenzen ab 1929/30 regelmäßig monatlich.3

In den 1920er-Jahren hatte sich die vorher schon bekannte Pressekonferenz – nun noch begünstigt durch die Demokratie als Staats- und Gesellschaftsform sowie den damit einhergehenden Organisationspluralismus – schnell als PR-Standardinstrument in allen, nicht nur den behördlichen, Kommunikationsbereichen etabliert. Dies ist aus dem sarkastischen Stöhnen eines niedersächsischen Journalisten von 1921 zu entnehmen. Zugleich kommen darin eine PR-kritische Haltung bzw. – umgekehrt formuliert: – strotzendes journalistisches Selbstbewusstsein zum Ausdruck:

Zwar sei man schon früher zu „Besichtigungen“ eingeladen worden, eine (…)

(…) Errungenschaft der Nachkriegszeit“ seien aber „fraglos die Pressekonferenzen“. Man veranstalte „gewöhnlich an einem Sonntag, um dessen Arbeitsruhe wir kämpfen, eine Besprechung mit den ‚Herren der Presse’. Dann werden wir gestreichelt, mit der Sauce zahlreicher aufklärender Vorträge, deren Inhalt möglichst ‚populär’ gehalten ist, überschüttet, und schließlich werden wir ermahnt, nun aber auch recht artig zu sein und uns mehr als bisher gerade diesen wichtigen Organisationen zu widmen. Gewöhnlich folgt ein Imbiss, der in sehr vielen Fällen nicht nur das Angenehmste, sondern auch das Vernünftigste an der ganzen Sache ist.

(T. 1921, Bl. 3. Zit. nach Liebert 2003, S. 55)

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Müller 1975, S. 25. Andere Quellen nennen z.T. auch andere Zahlen.

2 Vgl. Verwaltungsberichte der Stadt Nürnberg 1923/24ff., zit. nach Liebert 1999, S. 409.

3 Vgl. Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg 1929/30, zit. nach Liebert 199, S. 409.