PR über eigene Medien: Corporate Publishing

Unternehmensmedien mit journalistischer Methodik und breiter Thematik

Begriffe

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war prinzipielle Klarheit über Unternehmensmedien erreicht, die unter damaligen medialen Möglichkeiten als – wie man heute sagen würde – Mitarbeiter- und/oder Kundenzeitschrift auftraten.1

Der dafür seinerzeit wohl gebräuchlichste Sammelbegriff war „Hauszeitschrift“, die es für den „internen“ und/ oder „externen Verkehr“ geben konnte. Erstere trug bei Henkel sinnigerweise den Titel „Blätter vom Hause“ (1914 gegründet).2 Letztere wurde gelegentlich auch als „Reklamezeitschrift“ bezeichnet, wobei zu berücksichtigen ist, dass damals die Begriffe Reklame und Propaganda nicht negativ konnotiert waren. Als „house organ“ wurden Organisationsmedien zu Beginn der Weimarer Zeit auch als internationale Erscheinung in der Fachliteratur reflektiert (Mataja 1920, S. 55). Zunehmend sollte sich der Begriff „Werkzeitschrift“ für „interne“ Unternehmensmedien durchsetzen.

Merkmale

Entscheidend sind aber die medialen Charakteristika: Von höchster Wichtigkeit sei „die Mitarbeit tüchtiger journalistisch geschulter Fachleute“. Es gehe darum, hier auf den „externen“ Verkehr bezogen, „in gefälliger, nicht aufdringlicher Weise auf das Fabrikat bzw. die Artikel, denen die Reklame dienen soll“, hinzuweisen. Die Hauszeitschrift wolle die Unternehmung in „ständige angenehme Erinnerung“ bringen, dabei unterhalten, amüsant sein (Organisation 1908, S. 483ff., und 1913, S. 189f., 463).

Der Themenkosmos der externen Unternehmensmedien war von „geschäftlichen Mitteilungen“ bis „Unterhaltung“ aufgespannt: Erklärung neuer Erzeugnisse, Veränderungen alter Marken, Fortschritte auf den Herstellungsgebieten, Unternehmungen der Konkurrenz, Verkaufswinke und neue Werbemaßnahmen, Preisausschreiben, weiterführende Literatur über die Erzeugnisse, patentamtliche Neuerungen, persönliche Mitteilungen aus dem Mitarbeiter- und Kundenkreis, Briefkasten mit Fragen und Antworten u.a. (Ost-Petersen 1916/17, S. 311f.).

Beispiel Werkzeitschriften

Entwicklungsstand und Resonanz

Abb.: Auch Siemens gab eine Fabrikzeitschrift heraus. SM, Nr. 48, 1923. Quelle der Abb.: Siemens Corporate Archives. Die Urheberrechte liegen bei der Siemens AG, München/Berlin, die Abb. dürfen kostenfrei für redaktionelle und wissenschaftliche Zwecke verwendet werden. Mit freundlicher Zustimmung der Siemens AG laut E-Mail vom 10. Januar 2006 an I.S.-L.

Spiegelt man diese fachlichen Aussagen, die meist noch vor Beginn der Weimarer Republik getroffen wurden, mit dem Befund, dass sich in der Zwischenkriegszeit eine Modernisierung und Professionalisierung von Werkzeitschriften vollzogen habe, so ist für die Zeit vor 1933 von einem bemerkenswert hohen Entwicklungsstand der Corporate Media auszugehen. Die angesprochene „Modernisierung“ einschließlich einer Dialogisierung sind zum einen auf den Einzug fortschrittlicher betriebswirtschaftlicher und/oder soziologischer Prinzipien in Europa nach dem Ersten Weltkrieg und zum anderen auf die Erringung der Demokratie in Deutschland zurückzuführen.

Allerdings ließ und lässt sich eine solche Professionalisierung je nach weltanschaulich-sozialökonomischen Standpunkt auch unterschiedlich interpretieren. „Wenn die Arbeiter sich als Mitglieder einer Betriebsfamilie fühlten, waren sie für sozialistische Programme und gewerkschaftliche Forderungen gewiss weniger anfällig“, schreibt ein gewerkschaftsnaher Autor über den Einsatz von Werkzeitschriften als „Beruhigungsmittel“ (Horné 1959, S. 738). Obwohl dies zeitgenössische linksorientierte Arbeiter ebenso sahen, „erfreuten sich (… die Werkzeitschriften) im Laufe der 20er Jahre steigender Beliebtheit“, konstatiert Lange (2010, S. 68).

Dazu dürften generelle Rahmenbedingungen wie die innenpolitische und wirtschaftliche Stabilisierung genauso beigetragen haben, wie der Bildungs- und Unterhaltungscharakter oder die vornehmlich kostenlose Verteilung der Blätter.

(Lange 2010, S. 68)

Zahlen und überbetriebliche Förderer

Lange (2010, S. 68) benennt die Zahl der Werkzeitschriften mit „rund 150 Ende der 20er Jahre“. Bis 1933 zählte man in Deutschland ca. 120-180 verschiedene Titel, lässt sich aus einer anderen Quelle entnehmen.3 Sinnvoll ist es, zwischen eigenständigen und zentral redigierten Blättern zu unterscheiden. Betrug die Zahl der selbstständigen Organe 1929 etwa 115, sank sie durch Rationalisierungsmaßnahmen im Zuge der Weltwirtschaftskrise bis 1931 auf 100, um danach bis 1933 auf 125 anzusteigen.4

Zu zentral (gemeinsam) redigierten Werkzeitschriften: Der Förderung von Werkzeitschriften wie auch anderen „betrieblichen Schulungs- und Kulturaufgaben“ – ausgehend von einem bestimmten ideologischen Konzept und mit völkisch-nationalem Tenor – widmete sich eine spezielle überbetriebliche Institution, das Deutsche Institut für technische Arbeitsschulung (Dinta oder DINTA).5 Das Dinta gab 1927 „55 Werkzeitschriften mit einer monatlichen Gesamtauflage von 300.00 Exemplaren heraus“, was sich später steigern sollte (1932: 68; 1934: 100) (Lange 2010, S. 67).

1930 waren dem DINTA 75 W(erk)Z(eitschriften) mit einer Gesamtauflage von einer halben Million angeschlossen, darunter als größte die Zeitung der Gutehoffnungshütte (23.000), die Zechenzeitung für die Gruppe Hamborn der Vereinigten Stahlwerke (22.300), Hütte und Schacht, die WZ der Eisen- und Stahlwerke Hoesch (17.000), die Hüttenzeitung der Dortmunder Union (15.000) und die Zechenzeitung der Gruppe Bochum der Vereinigten Stahlwerke (14.200).

(Horné 1959, S. 738)6

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Liebert 2013b, insbesondere S. 20f. und 29f.

2 Vgl. Ziesche 1914.

3 Lerg 1957, S. 348.

4 Lange 2010, S. 68, unter Berufung auf Klein 1939.

5 Lange 2010 schreibt die Abkürzung in Kleinbuchstaben, Horné 1959 in Großbuchstaben.

6 Hervorheb. – T. L. Horné bezieht sich hier auf: Lüddecke, Theodor: Nationalsozialistische Menschenführung in den Betrieben. Die Werkzeitung als Mittel der Wirtschaftsführung. Hamburg, 1934.