PR von Unternehmen (= erstes Praxisfeld)

Zahlen und Trend der Organisiertheit

Abb.: Serienfertigung in einem Leipziger Industriebetrieb um 1925. Quelle: Kaufmann, Christoph: Fotoatelier Hermann Walter. Leipzig, 2010 / Wikimedia Commons: Public Domain.

Ein wichtiges Indiz für das Vorhandensein unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit ist ihr Organisationsgrad. Eine Reihe von großen und bekannten Unternehmen hatte schon lange vor dem Ersten Weltkrieg Büros bzw. Abteilungen für Kommunikationsarbeit eingerichtet. „Mitte der 20er Jahre hatten sich die werbe- und PR-treibenden Abteilungen bereits so weit etabliert, dass sie zum festen Bestandteil von Großunternehmen zählten. Einer 1925 durchgeführten Umfrage zufolge, besaßen rund 62% der Firmen eine vergleichbare Einrichtung, wobei der reale Wert weitaus höher gelegen haben dürfte“, schreibt Lange 2010 (S. 42).

Und weiter: „Bis zum Ende der 20er Jahre verbesserten sich das Renommee sowie die finanzielle, personelle und räumliche Ausstattung der Abteilungen (…) beträchtlich. (…) Durchschnittlich dürften Großunternehmen Ende der 20er Jahre zehn bis zwanzig Mitarbeiter in den werbe- und PR-treibenden Abteilungen beschäftigt haben (…).“ (Lange 2010, S. 43f.)

Gründe für den Aufschwung

Lange, der mit seiner preisgekrönten Magisterschrift eine grundlegende Studie zur unternehmerischen PR in der Weimarer Republik und NS-Zeit vorlegte, führt auch Gründe für den Aufschwung der Kommunikationsabteilungen an:

Dafür zeichnete nicht nur die rege wissenschaftliche, von Amerika beeinflusste Auseinandersetzung mit dem Berufsfeld und dessen Aufgabenspektrum verantwortlich. Auch die erstarkte Stellung der Werbeverbände und deren eigene Öffentlichkeitsarbeit, welche mit Ausrichtung des Weltreklamekongresses 1929 ihren Höhepunkt erreichten, trugen entschieden dazu bei. Schließlich erhöhte die Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Instrumentariums zur Kontrolle und Bewertung von Werbe- und PR-Maßnahmen das Ansehen deutlich. Eine verstärkte Diskussion marktanalytischer Methoden in der Werbefachliteratur, die Gründung des Nürnberger ‚Instituts für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware‘ 1925 sowie der Aufbau des ersten Lehrstuhls für Werbewissenschaft waren die Folgen.

(Lange 2010, S. 43f.)

Instrumentarium und Kampagnenfähigkeit

Abb.: Nicht nur – wie hier im Bild – das politische Leben war durch Kampagnen geprägt. (Das Foto zeigt persuasive Kommunikation zum Volksbegehren zur Fürstenenteignung 1926. Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-00685, CC-BY-SA / Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en) Auch im wirtschaftlichen Bereich fanden Kampagnen statt (siehe Text).

Die Darstellungen von Kunczik (1997) und Lange (2010, S. 47ff.) lassen ein breites und vielfältiges Instrumentarium auch außerhalb der Pressearbeit erkennen: Haus- und Kunden- sowie Werkzeitschriften1, Jubiläumsschriften, Broschüren und Flugblätter, Geschäftsberichte, Kataloge, PR-Anzeigen, Repräsentations-, Vortrags-, Lehr- und Kulturfilme, Kundendiensteinrichtungen, Messen und Ausstellungen, Werksbesichtigungen, Firmenmuseen, Sponsoring …

Aus der Zwischenkriegszeit sind auch Kommunikationskampagnen der Industrie bekannt. Kunczik (1997, S. 354) erwähnt – unter Bezug auf Reinhardt 1993 – eine Kampagne der Automobilproduzenten, „die mit dem Slogan ‚Deutsche, kauft deutsche Kraftwagen‘ und dem Eichenblatt als Gemeinschaftszeichen das Vordringen der ausländischen Konkurrenz verhindern wollte. Die Autoindustrie instrumentalisierte auch so bekannte Personen wie Bertolt Brecht oder Thomas Mann für die ÖA (sic!).“2

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. den Beitrag im PR-Museum über Werkzeitschriften, dort zur Weimarer Zeit auf den S. 8 und 9. Lange 2010 bringt auf S. 121f. eine Beispielseite von 1932 aus „Blätter vom Hause“ (Henkel) und ein Titelblatt von 1929 der „Shell-Post“.

2 Kunczik 1997, S. 354, weiter: „Brecht schrieb das Werbegedicht Singende Steyrwägen (vgl. Brecht, B., Gesammelte Werke, Bd. 8, Frankfurt a.M. 1967, 318; Palm K., Vom Boykott zur Anerkennung, Brecht und Österreich, Wien und München 1984, 18ff.; Schumacher, E., Leben Brechts, Leipzig 1988, S. 74; Völker, K., Brecht-Chronik Daten zu Leben und Werk, München 1971, 47f.). Mann ließ sich von den Horchwerken (Berlin-Zwickau) instrumentalisieren. Horch veröffentlichte 1929 eine großformatige Mappe 12 Köpfe prominenter Horchbesitzer, Gezeichnet von R. Grossmann. Mann lobt darin den Horch 8, ‚weil er zugleich elegant und tüchtig ist.‘“