Spätere Nachfolger

Reaktivierungsversuche 1990

Im Zuge der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland 1990 sollten die Bürger der ehemaligen DDR an die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft herangeführt werden. Aus diesem Grund initiierte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung eine 25 Millionen DM teure Kampagne, bei der man Rekurs auf die Anfangsjahre der BRD und die Ideen der WAAGE nahm.

Unter dem Titel „Der kluge Ludwig“ wurde beispielsweise eine Zeichentrickreihe produziert. In insgesamt zehn geplanten Folgen sollte die Hauptfigur Ludwig (in Analogie zu Ludwig Erhard) seiner „dummen“ Dackeldame Helene wirtschaftliche Themen erklären. Doch die Kampagne wurde vorzeitig eingestellt und die Zeichentrickserie nie offiziell im Fernsehen ausgestrahlt.1 Die wesentliche Gemeinsamkeit zwischen dem Kampagnen-Ansatz des Bundespresseamtes und der WAAGE bestand im gleichen Aufklärungsinteresse.

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Abb.: Logo der INSM. Quelle: Pressebereich der INSM-Webseite: http://www.insm.de/insm/Presse/Pressebilder.html

Heute gelten die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), eine 2000 gegründete Interessenvereinigung der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie, und ihre Aktionen als eine weitere Nachfolgerin der WAAGE. Die Initiative verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, Erhards Soziale Marktwirtschaft unter den Herausforderungen der Globalisierung sowie des demografischen Wandels zu reformieren. Das heißt, sie versucht eine Anpassung der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung an das 21. Jahrhundert. Im Allgemeinen wird die Initiative als neoliberal charakterisiert.

Die INSM unternimmt professionelle und integrierte Kommunikationskampagnen. Sie fundiert ihre Themen wissenschaftlich und setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit dem IfD Allensbach sowie mit PR- bzw. Werbe-Dienstleistern und einschlägigen Wirtschaftsmedien (z. B. Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine Zeitung).2

Die INSM ist bereits einige Male öffentlich in die Kritik geraten, da sie u. a. bei ihrer Arbeit die „Grenzen zwischen PR und Journalismus“ auflöse (Speth/Leif 2006; Neuber 2004). Zudem steht die Initiative unter Beobachtung der Organisation „LobbyControl“, die z. B. im Jahr 2005 Fälle von Schleichwerbung im Zusammenhang mit der INSM aufdeckte.3

Autor(en): S.F.

Anmerkungen

1 In einem Testlauf wurde der „kluge Ludwig“ im Fernsehen der BRD satirisch angekündigt. Eine Folge der Zeichentrickserie kann im Archiv der Sendung „Panorama“ abgerufen werden. Vgl. NDR 1990.
Das Bundespresseamt wollte zunächst die eigentliche Ausstrahlung aufschieben, da es unpassend sei, den von Arbeitslosigkeit stark betroffenen DDR-Bürgern, eine „heitere Serie über die Segnungen der Marktwirtschaft“ darzubieten (vgl. ebd.: 82). Trotz Millionenaufwand wurde schließlich die komplette Kampagne vorzeitig eingestellt (vgl. Roth 2002, S. 81; Kunczik/Schüfer 1993). Aus (Ost-)Berlin hatte es bereits zuvor ein Veto des DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière gegen die Kampagne gegeben (Der Spiegel 1990).

2 Vgl. INSM 2012, Schindelbeck 2011, Ehrich 2010, Speth 2004.

3 Vgl. LobbyControl 2012, Speth/Leif 2006; Speth 2004.