Ausblick: Pressemitteilung heute

Interessenspluralismus

Die demokratische Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik befreite die öffentliche Aufgabe der Presse von ihrer Instrumentalisierung durch den NS-Staat. Der Grundsatz der Trennung von Journalismus und Werbung bestimmt auch unser heutiges Normengefüge, allerdings entspricht eine sich bloß ausschließende Gegenüberstellung von öffentlichen und privaten Interessen nicht mehr der tatsächlichen Interessensvielfalt in einer pluralistischen Wettbewerbsgesellschaft. Staatlich-repressive Regulierungen dieses Verhältnisses, wie das NS-Verbot veröffentlichungsreif geschriebener Pressemitteilungen und der Verweis sämtlicher (!) Informationswünsche von Unternehmen in den bezahlten Anzeigenteil, wurden deshalb unter demokratischen Verhältnissen wieder abgeschafft.

Zu einer demokratischen Gesellschafts- und marktlichen Wirtschaftsordnung gehört es, auch einzelnen Organisationen und Unternehmen Informationsbedürfnisse mit öffentlicher Relevanz zuzubilligen und ihre aktive Pressearbeit als normal anzusehen. Dabei konnte an die Diskussionsergebnisse aus der Weimarer Republik angeknüpft werden. Die Pressemitteilung und insbesondere auch die veröffentlichungsreif in journalistischer Manier geschriebene Pressemitteilung ist zur medialen Selbstverständlichkeit geworden.

PR ist nicht Schleichwerbung

Das PR-Selbstkontrollorgan DRPR betont die Legitimität von Pressearbeit, einschließlich der zum Zwecke der Produkt-PR: Zu den originären Aufgaben der PR gehöre es, „redaktionelle Veröffentlichungen über Produkte, Inhalte und Themen in den Medien zu erreichen“ (DRPR 2011, S. 4).

Allerdings werden außerhalb des PR-Berufsfeldes Public Relations bzw. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit rechtlich und normativ noch nicht auf derselben Ebene wie Journalismus und Werbung betrachtet.

Heutige normative Dokumente von Verlegern und Journalisten, wie der Pressekodex oder die Richtlinie für redaktionelle Hinweise – herausgegeben vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft und verlegerischen sowie journalistischen Verbänden1 – stellen nach wie vor das Verhältnis von Redaktion und Anzeigen bzw. von Journalismus und Werbung in den Vordergrund. Dabei erwähnen sie auch die PR, setzen sie nicht mit Schleichwerbung gleich und halten die PR grundsätzlich für legitim. Allerdings betonen sie die Gefahr, dass PR zur Schleichwerbung werden könne, wenn bestimmte Erscheinungsformen und Konstellationen auftreten:

Texte mit PR-Charakter, die im inneren Zusammenhang mit Anzeigen stehen, sind eine Irreführung des Lesers, wenn sie sich vom redaktionellen Text nicht durch Kennzeichnung oder Form abheben. (…) Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht. Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Texten (…).

(Wolff 1997, S. 127 und 119ff.)

Abb.: Abgrenzung von PR und Schleichwerbung nach dem Deutschen Rat für PR. Quelle: DRPR 2011, S. 4.

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 http://www.vdz.de/uploads/media/37_Richtlinie_fuer_redaktionelle_Hinweise.pdf