Fotografie

Mediale Omnipräsenz der Kaiser

3. Visuelle Präsenz: Fotografie

Die Erfindung der Fotografie 1839 bot erst den Hohenzollern, später der kaiserlichen Familie eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, sich porträtieren zu lassen und ihr Bild weit zu verbreiten. Das zunehmende Interesse an Information wuchs stetig. Das Kaiserhaus befriedigte es mit Bildern. Die Technik entwickelte sich rasant. Schon bald gab es Möglichkeiten der massenhaften Produktion und Verbreitung. Zudem entstand ein Markt für Porträts von Prominenten und Mitgliedern des Kaiserhauses. Die Fotos im Visitenkartenformat wurden häufig in Steckalben gesammelt (vgl. Windt 2005, S. 68).

Die meisten Fotos sollten vor allem die Distanz zwischen Herrscher und Beherrschten abbauen und nachhaltig Vertrauen schaffen. So auch das Foto vom Kaiser Wilhelm I., der für eine kurze Weile von seinem Arbeitsplatz aufgestanden war und am Fenster seines Eckzimmers im Berliner Palais Unter den Linden die Huldigung der versammelten Volksmassen milde lächelnd entgegennimmt. Wilhelm beauftragte diese Pose zu fotografieren und in Umlauf zu bringen. Er ließ sie später auch vom Foto malen. Die Zeichnung sollte letztlich die Wirkung vom nimmermüden, gütigen und immerwährenden Kaiser verstärken. Jedes Mal, wenn er sich im besagten Eckzimmer befand, stellte er sich um elf Uhr ans Fenster und stilisierte sich somit zum lebenden Porträt, so dass es sogar im Reiseführer Baedecker für Berlin/Potsdam erwähnt wurde (vgl. Windt 2005, S. 10).

Die ersten zwei Kaiser schufen Bilder von sich, die wenig variierten und oft wiederholt wurden. Gerade deshalb erweckten sie wohl mehr Vertrauen und wirkten am Ende vielleicht dauerhafter als die Fotografien ihres Nachfolgers.

Abb.: Kaiser-Motive wurden auch in der kommerziellen Werbung, hier für Waschmittel (Dr. Thompson’s Seifenpulver), genutzt. Sammelbild.

Abb.: Auch im Zeitalter der Fotografie wurden traditionelle Darstellungsweisen weiter genutzt: „Huldigungszene“: Kaiserproklamation 1871. Sammelbild.

Abb.: „Unterwerfungsszene“: Gefangennahme Napoleons III. 1870 durch den preußischen König Wilhelm (späterer Kaiser). Sammelbild.

Im Gegensatz zu seinem Vater und Großvater stieß Wilhelm II. eine wahre Bilderflut los. Er ließ sich in sämtlichen Lebenslagen, sei es im Urlaub, mit seiner Familie, beim Jagen und auf dem Kampfesfeld, ablichten. „Aus der gut 12.000 Fotos zählenden Fotosammlung des letzten deutschen Kaisers (…) wird deutlich sichtbar, wo sein Interesse und seine Lieblingsbeschäftigung lag: sein eigenes Bild.“ All das steht im totalen Gegensatz zu seiner eigentlichen Überzeugung, ein von Gottes Gnaden regierender Monarch zu sein. (Asser/Ruitenberg 2002, S. 17f.)

Produktion und Distribution von Fotos wurden bald zur Massenerscheinung: eine Ursache für das Urheberrecht von 1907. Das Gesetz billigte jedem ein Recht auf das eigene Bild zu, ausgenommen waren Personen der Zeitgeschichte. Folglich waren auch die Rechte des Kaisers eingeschränkt. Fotografen konnten ihre Bilder weiter vertreiben. Des Weiteren wurde dem Kaiser durch die Massenproduktion die Möglichkeit genommen, bestimmte Bilder für sich zu reservieren bzw. sie mit „allerhöchster Gnade“ zu versehen. Fotos erreichten nunmehr dann höheren Wert, wenn sie eine bestimmte Größe bzw. Rahmung aufwiesen. Zudem wertete eine persönliche Widmung des Kaisers ein Bild ungemein auf (vgl. Windt 2005, S. 76).

Das Hofmarschallamt war die Stelle, die all das koordinierte und nach Gutdünken darüber entschied, wer, in welcher Größe, welchem Format und ob mit Widmung oder ohne ein Foto bzw. ein gemaltes Porträt vom Kaiser erhielt.

Autor(en): K.Z.