Kommunikative Aufgaben

Texten von Annoncen und Reklamen

Nicht nur das Texten und Gestalten von Annoncen und Reklamen waren wesentliche Bestandteile von Wedekinds Arbeit für Maggi, auch der Aufbau und die Pflege von Beziehungen zu Journalisten gehörten zu seinen Aufgaben. Schließlich wurde die Reklame zwar in der Regel von den Unternehmen bezahlt, Abdruck und Preis hingen aber von der Beziehung zwischen Unternehmen und Zeitung ab.1

Hinzu kam ein für Wedekind ganz persönlicher Grund: Die Höhe seines Lohns richtete sich gerade in der Zeit als freier Berater nach der Anzahl der erschienenen Texte. So war das Herstellen und Pflegen der Pressekontakte für Wedekind beinahe überlebensnotwendig – und gleichzeitig für den jungen und unerfahrenen Mann kein leichtes Unterfangen: 1887 beispielsweise schickte Julius Maggi ihn auf die 1. Internationale Ausstellung für Kochkunst und Volksernährung in Leipzig. Am 24. Januar erhielt Wedekind sein Reisegeld von 250 Mark und brach tags darauf zu seiner Reise auf.2

Zwischen Verkauf und Presse

Doch bereits die Eröffnung der Ausstellung im Kristallpalast wurde von den Querelen zwischen Wedekind und dem bereits einige Tage zuvor angereisten Maggi-Verkaufsleiter Suter überschattet. Suter hatte versprochen, dem Vorsteher des Reklame- und Pressebüros Zutritt zur Eröffnungsveranstaltung zu verschaffen. Vermutlich die Rivalität zwischen den beiden verwandten Verantwortungsbereichen verleitete ihn aber schließlich dazu, Wedekind in einem Café sitzen zu lassen und ihn so von den Eröffnungsfeierlichkeiten fern zu halten. Zudem buhlte er mit ihm aufs Heftigste um die Gunst der anwesenden Reporter, so dass Wedekind mit diesen kaum in Kontakt kam.3 Dieser Vorfall kann als ein frühes Zeugnis der Auseinandersetzung zwischen den Ressorts Marketing und PR um kommunikative Führungsfunktion gewertet werden.

Abb.: Gedenktafel für Frank Wedekind am Schloss Lenzburg. Foto: Roland Zumbühl/Voyager at de.wikipedia/Picswiss. Quelle: Wikimedia Commons http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Aber auch auf der Hin- und Rückreise fiel es Wedekind schwer, den Wünschen seines Auftraggebers gerecht zu werden. Weder das Treffen mit Emil Frey, einem Redakteur der Neuen Zürcher Zeitung und gleichzeitig Bruder seines ehemaligen Deutschlehrers am Aarauer Gymnasium, noch die Treffen mit Journalisten in Dresden und München führten zum Abdruck seiner Reklamen.4 Dies weist darauf hin, dass es auch zu Wedekinds Zeiten durchaus unterschiedliche Facetten im Verhältnis zwischen Werbung, PR und Journalismus gegeben hat. Diese aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht umfassend historisch aufzuarbeiten, ist eine noch zu leistende Aufgabe.

Autor(en): A.H.T.L.

Anmerkungen

1 Vincon 1992, S. 220f.

2 Vincon 1992, S. 229, 227. Kieser 1992, S. 11.

3 Kieser 1992, S. 12f.; Vincon 1992, S. 227f.; Kunczik 1997, S. 218.

4 Vincon 1992, S. 230.