Start im Deutschen Kaiserreich

Vorformen und Medien von außerhalb

Abb.: Die Gussstahlfabrik von Krupp in Essen 1864. Quelle: Wikimedia Commons (gemeinfrei).

Bereits 1882 zählen die Historiker in Deutschland ca. 10.000 Betriebe mit 1,6 Millionen Beschäftigten.1 Sozial gesinnte Fabrikbesitzer übernahmen Verantwortung für das Wohl und die Ausbildung ihrer Angestellten.2 Es entstanden im Betrieb Kantinen, Lesesäle sowie weitere Wohlfahrtseinrichtungen, aber auch verschiedene Printpublikationen, wie Betriebsschriften und Hausordnungen. Beispielhaft ist das Friedensblatt für unser Haus in der Freiburger Textilfabrik zu nennen. Es erschien 1859 aus Anlass des Weihnachtsfestes und der Fabrikant nutzte es „zur Durchsetzung seiner von christlicher Wertethik geprägten moralisch-pädagogischen Erzielungsziele“ (Michel 1996, S. 23). Oder: Alfred Krupp wollte mit dem Plakataufruf An die Arbeiter der Gussstahlfabrik! u. a. das friedliche Miteinander in den Werken sichern.3 Zu weiteren internen, vorperiodischen Publikationen im Hause Krupp siehe auch bei Kunczik (1997, S. 191).

Bezogen auf Periodika kamen die ersten Medien von außerhalb: Ab 1879 wurden im Deutschen Reich Wochenzeitschriften für Arbeiter herausgegeben, die einen pro-monarchistischen und antisozialistischen Ton hatten. Dazu gehörten z. B. der Deutsche Arbeiter-Freund oder die Deutsche Arbeiter-Zeitung.4 Diese periodischen Blätter sowie die betrieblichen Einzelhefte verfolgten gemeinsame Ziele: die Arbeiter zu belehren, Loyalität gegenüber den wirtschaftlichen und politischen „Autoritäten“ einzufordern, einen klassen- und schichtenübergreifenden Konsens zu predigen und arbeitstechnische Informationen zu vermitteln. Dabei standen sie in Konkurrenz zur gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterpresse sowie zu den weit verbreiteten „Pfennigmagazinen“.

Eine wichtige Rolle zur Verbreitung der niederländischen Werkzeitschriften-Innovation von 1882 in Deutschland spielte der 1887 gegründete Verein Anhaltinischer Arbeitgeber mit seinen 44 Mitgliedsunternehmen: Er schrieb einen „Pressefeldzug“ gegen die sozialdemokratische Presse auf seine Fahnen und machte viele Unternehmer auf die Möglichkeit einer betrieblichen Zeitschrift aufmerksam.5

Patriarchalische Werkzeitschriften und Vorkriegsgründungen

In den Jahren 1888-1891 wurden die nach bisherigem allgemeinen Erkenntnisstand ersten Werkzeitschriften in Deutschland herausgebracht. Darunter solche Titel, wie das wohl allererste Werkjournal Schlierbacher Fabrikbote, die Feierstunde der Württembergischen Metallfabrik, der Schultheiß-Brauerei-Anzeiger aus Berlin oder zwei Zeitschriften aus dem anhaltischen Dessau. Ihre Erscheinungsweise war unregelmäßig (zwei- bis sechswöchentlich), der Umfang zählte wenige Seiten, der Inhalt beschäftigte sich hauptsächlich mit arbeitstechnischen und belehrenden Themen. Daher werden die deutschen Betriebszeitschriften in dieser Phase als „patriarchalische Werkzeitschriften“ bezeichnet.6

1910 startete Bayer mit dem Blatt Die Erholung. Zeitschrift für die Mitglieder des Erholungshauses und der Fabrikvereine der Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer & Co. Noch vor dem Ersten Weltkrieg, 1913, gründete sich auch der Vorläufer der späteren BASF-Werkzeitung, das Vereinsblatt, als Mitteilungsblatt des 1911 geschaffenen Arbeitervereins der BASF. Die Firma Günther Wagner-Pelikan ging 1912 mit der Zeitschrift Der Pelikan an die externe und interne Öffentlichkeit. Speziell als „Hausmitteilung erschien ab April 1912 Der kleine Pelikan. Nachrichten für die Beamten der Firma Günther Wagner, in der vor allem über die Firma betreffende Themen berichtet wurde (Personalveränderungen, Vorschriften, Einrichtungen und Ereignisse im Hause)“ (Kunczik 1997, S. 254).

Autor(en): I.S.-L.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Lerg 1957, S. 347.

2 Vgl. Michel 1996, S. 18, 21, 28ff.

3 Michel 1996, S. 21.

4 Vgl. Michel 1996, S. 27f. und 41f.

5 Vgl. Michel 1996, S. 22.

6 Mast/Fiedler 2004, S. 12. Vgl. auch Michel 1996.