Sozialistischer Aufbau und Unterhaltung in der DDR-Betriebspresse

Funktionen

Abb.: Auch die DDR-Betriebspresse verwies auf eine historische Traditionslinie, wie hier auf S. 39 in Zwanzig/Röhr/Schreier von 1984 (siehe andere Abbildung).

In der ostdeutschen DDR stand die Entwicklung der Betriebspresse im Zeichen des sozialistischen Aufbaus. Auch für sie traf die Leninsche Funktionsbestimmung der Presse als „kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator“ zu.1 Das schloss belehrende und persuasiv-propagandistische Inhalte über Marxismus-Leninismus und aktuelle Politik der Staatspartei SED ein.

Eine zentrale Funktion der Betriebszeitung bestand in der Mobilisierung zu hohen Arbeitsleistungen und damit zur Plan(über)erfüllung. Da eine Planwirtschaft über weniger ökonomische Anreize als eine Marktwirtschaft verfügt, bedurfte es im realsozialistischen Wirtschaftssystem eines stark kommunikativ geführten und auch inszenierten „sozialistischen Wettbewerbs“ zwischen den Brigaden und Betrieben.

Als ein stark solidarisierendes und kollektivbildendes Mittel, beispielsweise mit nachahmenswerten Erfolgsgeschichten aus dem Betriebsleben, sowie mit nützlichen Alltags- und gewerkschaftlichen Informationen waren die Betriebszeitungen in der DDR dennoch populär. Die Inhalte waren durchaus arbeiternah und weniger konservativ gestaltet, boten nicht nur Information, sondern auch Unterhaltung.

Zahlen und Unterstellungsverhältnisse

Abb.: Titel eines DDR-Handbuches von 1984. In der DDR wurde die Betriebszeitung (als Parteiorgan der SED) primär als „journalistische Arbeit“ und nicht als „Öffentlichkeitsarbeit“ (die es als Begriff und Arbeitsfeld in der DDR durchaus gab) verstanden.

Jeder größere Betrieb gab seine Betriebszeitung heraus. 1972 zählte man in der DDR über 600 Titel, darunter solche Medien, wie der Motor aus dem VEB Automobilwerk Eisenach, Unser Stahl aus Riesa oder die Korrekturfahne der Deutschen Bücherei aus Leipzig. Sie erschienen meistens wöchentlich oder 14-tägig.2

Der Redakteur war faktisch vor allem dem Parteisekretär unterstellt, der als Repräsentant der betrieblichen Parteileitung der SED jede Ausgabe vor dem Erscheinen autorisierte. Ob dies kleinkariert mit jedem Satz, jedem Wort oder relativ großzügig über die Hauptbotschaften erfolgte, wurde durchaus von Betrieb zu Betrieb, von Parteileitung zu Parteileitung unterschiedlich gehandhabt.

 

 

 

 

Autor(en): I.S.-L.T.L.

Anmerkungen

1 Wilke 2003, S. 214. Vgl. auch Zwanzig 1972.

2 Pürer/Raabe 1994, S. 383. Vgl. auch Zwanzig 1972. 1984 erschien eine Neuauflage als Zwanzig/Röhr/Schreier (siehe Abb.).

Eine fast vergessene historische Episode

Im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR 1989 sagten sich Parteizeitungen der SED von ihren Leitungen los, Betriebszeitungen firmierten dann als „Organ der Werktätigen“ eines Betriebes. Unser Beispiel zeigt die Betriebszeitung „Unser Fließband“ der Schuhfabrik in Weißenfels an der Saale.

Fliessband_1989

Abb.: Zeitungskopf der Betriebszeitung des VEB Schuhfabrik „Banner des Friedens“ vom Dezember 1989. VEB ist die Abkürzung für Volkseigener Betrieb.