Bismarck an der Macht: 1862-1890 – wichtige Entwicklungen

Von Preußen zum Norddeutschen Bund

Abb.: Erste Sitzung des konstituierenden Reichstages des Norddeutschen Bundes am 24. Februar 1867; Bismarck steht direkt unterhalb des Pultes des Reichstagspräsidenten. Quelle: http://www.preussen-chronik.de/_/bild_jsp/key=bild_a72.html / Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Vor 1871 nutzte Bismarck den Krieg durchaus als Mittel der Politik. 1864 führte Preußen gemeinsam mit Österreich wegen Schleswig-Holstein Krieg gegen Dänemark. 1866 war Österreich Gegner Preußens im Kampf um die deutsche Vorherrschaft und wurde niedergerungen.1

Am 16. April 1867 wurde der Norddeutsche Bund gegründet, in dem Preußen eine Hegemonialstellung besaß.2

Mit der Übertragung preußischer Kompetenzen und Ambitionen auf den Norddeutschen Bund, „den der Kanzler zum Deutschen Reich weiter zu entwickeln trachtete, erwies sich für Bismarck eine nachhaltigere Unterstützung im öffentlichen Meinen als unumgänglich notwendig. Nicht zuletzt bedurfte er im süddeutschen Raum sowie in der ausländischen Presse stärker als bisher des Verständnisses und der Unterstützung für seine deutsche Politik; die 1866/67 vorhandene Begeisterung über den Zusammenschluss eines Teiles Deutschlands befand sich in weiten Volksschichten im Abklingen.“ (Morsey 1956, S. 177f.)

Vom Norddeutschen Bund zum Deutschen Kaiserreich

1871, am 18. Januar und im kurz zuvor besiegten Frankreich, wurde Wilhelm I. zum deutschen Kaiser proklamiert. Damit trat das (zweite) Deutsche Reich ins Leben, ein nationalmonarchistischer Obrigkeits- und Bundesstaat. Der gewählte Reichstag hatte nur eingeschränkte Kompetenzen, der Reichskanzler – Bismarck – war einzig dem Kaiser verpflichtet.3

Abb.: Otto von Bismarck in seinem Arbeitszimmer 1886. Quelle: Stein, Walter (Hrsg.): Bismarck. Des eisernen Kanzlers Leben in annähernd 200 seltenen Bildern nebst einer Einführung. Siegen/Leipzig: Montanus, 1915. Scan durch Immanuel Giel / Wikimedia Commons, Attribution-Share Alike 3.0 Unported license https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Presse- und Zeitungswesen boomten nach der Reichsgründung.4 Das Reichspressegesetz von 1874 sicherte formal die Pressefreiheit, hatte liberale Züge, war aber nicht frei von behördlichen Zwangsmaßnahmen. Die zwei Jahrzehnte zwischen 1871 und 1891 können als „Bindeglied zwischen den Epochen der Pressezensur und der Pressefreiheit“ bezeichnet werden (Goros 1998, S. 63).

Bismarcks Außenpolitik ab 1871 war „defensiv und friedliebend“. „Ausdruck dafür war ein immer kunstvoller gewobenes Bündnissystem, das ausging von dem nach dem Berliner Kongress geschlossenen Zweibund mit Österreich-Ungarn von 1879 und über die Hauptstationen des Dreibundes von 1882 und des Mittelmeerabkommens von 1887 zum Rückversicherungsvertrag von 1887 mit Russland führte.“ (Brockhaus 1987, S. 370)

Wirtschafts- und sozialpolitische Wende von 1879

Bismarcks Reichsgründung von 1871 war eine Nationenbildung „von oben“ und geschah mit „Blut und Eisen“, wie häufig unter Bezug auf den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und vorhergegangene Feldzüge gesagt wird. Zur „Revolution von oben“ – in Anspielung an die stecken gebliebenen Revolution „von unten“ 1848/49 – gehörten auch der „Übergang vom Freihandel zum Schutzzoll zugunsten der heim(ischen) Schwerindustrie und der Großagrarier“ 1879 und das „sozialpolit(ische) Reformwerk von 1881-89, das die Arbeiterschaft in die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung integrieren sollte“ (Brockhaus 1987, S. 370).

Letzteres wurde aber konterkariert durch die Bismarcksche Unterdrückungspolitik nach innen. Oppositionelle Parteien wurden bekämpft, dies galt in mehrfacher Hinsicht: Mit dem „Kulturkampf“ gegen das katholische Zentrum (bis etwa 1880/85) und dem Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie (1878-1890) wurden wichtige politisch-weltanschauliche Strömungen bzw. soziale Milieus von gesellschaftlicher Diskussion und Mitbestimmung ausgeschlossen.5 In diesen Lagern kam es zur Herausbildung von teilweise in der Illegalität wirkenden Parallel- bzw. Gegenöffentlichkeiten.

Autor(en): A.-M.G.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Naumann 2008, S. 45ff.
2 Vgl. Goros 1998, S. 62.
3 Vgl. Goros 1998, S. 62.
4 Vgl. Goros 1998, S. 69.
5 Vgl. Goros 1998, S. 65f. Naumann 2008, S. 58ff.