Bismarck als preußischer Gesandter und Pressebeauftragter in Frankfurt

Als Leiter der preußischen Pressestation am Sitz des Bundestages ab 1851

Abb.: Bismarck als Bundestagsgesandter in Frankfurt am Main 1858. Quelle: Gemälde von Unbekannt / Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Preußen unterhielt in Frankfurt am Main, dem Sitz des Bundestags, eine Dependance seiner Berliner Zentralstelle für Presseangelegenheiten. Letztere war im Dezember 1850 „unter maßgeblicher Beteiligung des Regierungschefs Otto von Manteuffel (…) aus den Ansätzen der Revolutionszeit“ gegründet worden. Für die Frankfurter Pressestation der Preußen zeichnete ab 1851 Otto von Bismarck verantwortlich. (Piereth 1994, S. 34; vgl. auch Kunczik 1997, S. 90)

Bismarck war nach seiner „Ernennung zum Rat bei der Preußischen Gesandtschaft und Geheimen Legationsrat die Leitung der ‚Preßstation’ als selbstständiger Wirkungskreis übertragen worden“ (Wappler 1935, S. 18). Hauptziel Bismarcks als preußischer Gesandter beim Bundestag war es, „gegenüber der österr(eichischen) Präsidialmacht Gleichberechtigung für Preußen und dessen Vorherrschaft nördlich des Mains“ (Brockhaus 1987, S. 370) zu erreichen. Frankfurt stellte die „Operationsbasis“ für die außerpreußische Pressebeeinflussung dar, die ihren Schwerpunkt nunmehr in Süddeutschland sah. In der Mainmetropole hatten wirtschaftliche, politische und kirchliche Interessen ihre Vertretungen, auch waren die Österreicher hier sehr aktiv.1

Preußen kontra Österreich: auch eine Schlacht um die öffentliche Meinung

International war es üblich, aus heutiger Sicht unmoralische Praktiken einzusetzen. Bismarck schrieb über das „wohlverzweigte Berieselungssystem“ der österreichischen Regierung und darüber, wie stark sich deutschland- bzw. außenpolitische Interessen medienpolitisch niederschlugen: „Die ‚Postzeitung‘ und das ‚Journal de Francfort‘ gehören direkt der österreichischen Regierung und werden auf der Präsidialgesandtschaft redigiert (…) es gibt kaum ein erhebliches preußisches Blatt am Rhein und in Berlin, zu welchen nicht wenigstens ein im Solde Österreichs stehender und von dort inspirierter Korrespondent Zutritt hätte“ (Zit. nach Bialowons/Raue 1979, S. 9f.).

Die preußische Medienarbeit in Frankfurt und Süddeutschland, wie generell die Etablierung der Zentralstelle für Presseangelegenheiten, muss auch als Reaktion auf die österreichische Presselenkung verstanden werden.2

Tätigkeiten der Frankfurter Pressevertretung Preußens

Otto von Bismarck gehörte in seiner Frankfurter Zeit unmittelbar zum System der amtlichen Presselenkung. Ihm unterstanden mit Regierungsrat Karl Ludwig Zitelmann (1816-1898) und einem beamteten Kanzleirat ausführende Mitarbeiter. Eine Dienstanweisung vom 16. November 1851 beschrieb die Aufgaben der Pressestation: täglicher Nachrichtendienst für die Preußische Zeitung, „Unterbringung der aus Berlin zugesandten Artikel“, Verfassen von Texten für süddeutsche und französische Blätter, lithografierte Korrespondenz vor allem zur Handelspolitik, freie Korrespondententätigkeit. Außerdem initiierte Bismarck die „Organisation eines Netzes von einflussreichen und preußenfreundlichen Vertrauensmännern über ganz Süddeutschland. Es waren Mitarbeiter im weitesten Sinne, freiwillige Agenten.“ Diese warben beispielsweise für den Preußischen Zollverein. (Wappler 1935, S. 44)

Wappler (1935, S. 43) vermutet, dass „Bismarck selbst öfters zur Feder gegriffen“ habe. Mit der Berliner Zentralstelle stand er im ständigen telegrafischen Kontakt. Die praktischen, konkreten und intimen Erfahrungen in Frankfurt dürften ihm später, als preußischem Ministerpräsidenten und Reichskanzler, bei der Anleitung des Berliner Apparates zugute gekommen sein und zugleich erklären, warum er gegenüber der Presse stark auf individuelle Kontakte setzte und quasi vieles selbst in die Hand nahm.

Autor(en): A.-M.G.T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Wappler 1935, S. 42.
2 Vgl. Bialowons/Raue 1979, S. 10.