Ausgewählte Kampagnen seit den 1980er-Jahren I

(Beitrag in Arbeit)

Ausgewählte Kampagnen seit den 1980er-Jahren (Teil I von zwei Teilen)

Einführung

Kampagnen als „Gütemerkmal“ von Public Relations

Kampagnen gehören schon seit vielen Jahrzehnten zum Standard-Repertoire der Öffentlichkeitsarbeit bzw. Public Relations. „Röttger (…) definiert PR-Kampagnen knapp als ‚zielgerichtete, dramaturgisch angelegte, thematisch begrenzte, zeitlich befristete kommunikative Strategien zur Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit‘“ (Röttger 2007, zitiert nach Bonfadelli 2015, S. 815). Nach Bentele bezeichnet „Kampagne“ einen (…)

(…) zeitlich befristeten, thematisch begrenzten öffentlichen Informations- bzw. Kommunikationsprozess, der der Verwirklichung von meist klar identifizierbaren Zielen dient. Ziele sind z.B. die Herstellung bzw. das Erreichen öffentlicher Aufmerksamkeit, die Herstellung, Verbesserung oder Stabilisierung von Images, Glaubwürdigkeit und Vertrauen oder Interesse (an Produkten/Dienstleistungen oder der Organisation selbst) oder die Veränderung von Einstellungen oder auch von Verhalten/Handlungen bei potenziellen Rezipienten von Kampagnen. Es lassen sich kommunikative, handlungsorientierte und ökonomisch orientierte Ziele unterscheiden. Häufig sind Kampagnen dramaturgisch angelegt und besitzen zumindest zeitliche Spannungsbögen. Kampagnen können sich aber auch in unterschiedlichen räumlichen Phasen oder Mustern (…) entfalten.

(Bentele 2013, S. 147)

Kampagnen kommen in verschiedenen Praxisfeldern vor.

PR-Kampagnen werden meist von Organisationen aus dem Wirtschaftsbereich, aber auch von politischen Parteien oder staatlichen Behörden und Institutionen in Auftrag gegeben oder in diesen Organisationen selbst geplant und durchgeführt. Mit PR-Kampagnen versuchen sie interessengeleitet, ein möglichst gutes Image der entsprechenden Organisation oder Firma bzw. ihrer Produkte oder Dienstleistungen in der Öffentlichkeit zu erzeugen bzw. deren Reputation aufrechtzuerhalten oder zu stärken.

(Bonfadelli 2015, S. 816)

Es ist wohl davon auszugehen, dass moderne PR und ihr strategischer Charakter auch Kampagnenhaftigkeit oder zumindest Kampagnenfähigkeit der zu leistenden Kommunikation voraussetzen.

Aufschwung der Kampagnentätigkeit ab den 1970er-Jahren

Unabhängig von der grundsätzlichen Bedeutung von Kampagnen für die PR spricht viel dafür, beginnend in den 1970er- und vor allem in den 1980er-/1990er-Jahren einen Aufschwung der Kampagnenhaftigkeit von PR zu diagnostizieren. 1987 – dem Startjahr der von uns im Folgenden auch vorgestellten Anti-Aids-Kampagne – erschien ein Fachbuch unter dem Titel „Die besten Kampagnen: Öffentlichkeitsarbeit“, das zig strategische Kommunikationsprogramme seiner Zeit beschrieb.1 Die Folgeausgaben 1989 und 1991 stellen weitere Kampagnen aus verschiedenen Praxisfeldern bzw. Gesellschaftsbereichen vor.2

Dieser Aufschwung der Kampagnentätigkeit zeigte sich insbesondere in höherer Komplexität und Reflexivität sowie den größeren Dimensionen der zu orchestrierenden Kommunikation sowie einer Ausdehnung der Kampagnenführung auf alle gesellschaftlichen – auch nicht im engeren Sinne wirtschaftliche oder parteipolitische – Bereiche.

Diese Veränderungen können als Ausdruck der „Re-Positionierung“ (1973-1983) und danach „Expansion“ (1984-2004) und schließlich „Ausdifferenzierung“ (seit 2005) der PR interpretiert werden, wie Szyszka (2015, S. 502) in seinem Modell diese Entwicklungsphasen des bundesdeutschen PR-Berufsfeldes benennt. Vor allem der Wandel zu Beginn der 1970er-Jahre sei prägend – bis heute – gewesen:

Das Ende von Wachstum, Vollbeschäftigung und Sorglosigkeit wirkte vollends auf Unternehmen zurück: Aus ‚Inseln der Privatangelegenheit ihrer Besitzer‘ wurden Gegenstände öffentlichen und journalistischen Interesses und öffentlicher Kommunikation. Negative Berichterstattung, Konflikte und Skandalisierung spiegelten gesellschaftliche Akzeptanzprobleme von Wirtschaft und Unternehmen wider und wurden zum Risiko. (…). Ein gesellschaftlicher Wertewandel hatte eingesetzt (…).

(Szyszka 2015, S. 504)

Dies konnte und musste für die Organisationskommunikation der Unternehmen und aller gesellschaftlichen Akteure Konsequenzen zeitigen:

PR-Arbeit wurde in dieser Umbruchphase im beruflichen Selbstverständnis repositioniert, weil eine unternehmenspolitische Funktion gegenüber der zuvor vereinnahmenden absatzpolitischen Funktion, von der man sich zu distanzieren versuchte, wieder in den Vordergrund rückte (…) PR-Arbeit dehnte sich mittlerweise auf Non-Profit-Bereiche aus; die Zahl der PR-Leute stieg stetig (…).

(Szyszka 2015, S. 505)

Die medial-kommunikative „Expansion“ und „Differenzierung“ (Vervielfachung von Kanälen und der Möglichkeiten der Selbstdarstellung, zuerst innerhalb der klassischen Medien sowie „ab Mitte der 1990er Jahre durch Internet und Digitalisierung“; zugleich auch Fragmentierung von Öffentlichkeit etc.) (Szyszka 2015, S. 505) erhöhten weiter die Anforderungen an die Konzeption und Steuerung der PR sowie insbesondere auch an die Planung, Dramaturgie und Orchestrierung von Kommunikations-Kampagnen.

 

Autor(en): T.L.

Anmerkungen

1 Vgl. Bürger/Joliet 1987. Allein das Inhaltsverzeichnis umfasst vier Seiten.

2 Vgl.: Bürger/Joliet 1989 und Bürger/Joliet 1991.

 

Bildnachweis für Beitragsfoto (ganz oben): CSD 2011 in München – Gruppe der AIDS-Hilfe. Foto: Usien. Quelle: Wikimedia Commons / Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication (https://creativecommons.org/publicdomain/zero/ 1.0/deed.en).